Pilotprojekt Grundeinkommen: kein Rückzug vom Arbeitsmarkt, aber bessere mentale Gesundheit

DIW Wochenbericht 15 / 2025, S. 221-229

Sandra Bohmann, Susann Fiedler, Max Kasy, Jürgen Schupp, Frederik Schwerter

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  • Untersucht wurde Wirkung bedingungsloser Geldzahlungen in Höhe von 1200 Euro pro Monat über drei Jahre auf Arbeitsmarktbeteiligung, Konsum und Wohlbefinden
  • Über ein Drittel der bedingungslosen Geldzahlungen wurden gespart und knapp acht Prozent für wohltätige Zwecke oder zur Unterstützung von Familie und Freund*innen ausgegeben
  • Geldempfänger*innen zogen sich weder vermehrt aus Arbeitsmarkt zurück noch reduzierten sie signifikant ihre Arbeitsstunden
  • Bedingungslose Geldzahlungen verbesserten mentale Gesundheit und subjektiv empfundenes Wohlbefinden der Maßnahmengruppe über gesamten Zeitraum
  • Studie liefert evidenzbasierten Baustein zur Versachlichung der sozialpolitisch relevanten Debatte

„Mit den Ergebnissen, insbesondere zum Arbeitsmarktverhalten, können manche Klischees wie das von der sozialen Hängematte versachlicht werden. Auch wenn das bedingungslose Grundeinkommen derzeit nicht auf der politischen Agenda steht, werden für den dringend erforderlichen Umbau der Sozialsysteme alle Reformoptionen in Betracht gezogen werden müssen – auch das bedingungslose Grundeinkommen.“ Jürgen Schupp

Im Juni 2021 startete in Deutschland ein groß angelegtes Feldexperiment zum bedingungslosen Grundeinkommen. Zwei in diesem Wochenbericht zusammengefasste Studien untersuchen, wie sich bedingungslose Geldtransfers in Höhe von monatlich 1200 Euro über einen Zeitraum von drei Jahren auf das Ausgaben- und Arbeitsmarktverhalten sowie auf verschiedene Indikatoren der mentalen Gesundheit und des subjektiven Wohlbefindens auswirkten. Die 107 Teilnehmenden sparten rund ein Drittel der Geldzahlungen und damit mehr als doppelt so viel wie die aus 1580 Personen bestehende Vergleichsgruppe. Knapp acht Prozent der Geldzahlungen gaben sie für wohltätige Zwecke oder zur Unterstützung von Familien- und Freundes-Netzwerken aus. Die Teilnehmenden zogen sich weder aus dem Arbeitsmarkt zurück noch reduzierten sie signifikant ihre geleisteten Arbeitsstunden. Die Zahlungen führten jedoch zu einer signifikanten Verbesserung der mentalen Gesundheit und einem Anstieg der allgemeinen Lebenszufriedenheit sowie weiterer Indikatoren des Wohlbefindens. Die Ergebnisse liefern einen evidenzbasierten Baustein zur Versachlichung der sozialpolitisch relevanten Debatte von bedingungslosen Geldzahlungen.

Seit Jahren wird die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) sowie verschiedene Varianten eines Universal Basic Income in Politik, WissenschaftinfoVgl. beispielsweise Ugo Gentilini et al (2020): Exploring Universal Basic Income. A Guide to Navigating Concepts, Evidence, and Practices. Washington, DC: World Bank Group (online verfügbar, abgerufen am 26. März 2025. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht, sofern nicht anders vermerkt). Zur Einordnung der Debatte im deutschen Kontext vgl. Rolf. G. Heinze und Jürgen Schupp (2022): Grundeinkommen – Von der Vision zur schleichenden sozialstaatlichen Transformation. Wiesbaden: Springer VS (online verfügbar). wie Gesellschaft kontrovers und zunehmend auch polarisiertinfoNach der Einführung des Bürgergeldgesetzes im Januar 2023 warf die Opposition der damaligen Regierung wiederholt vor, mit der Bürgergeldreform ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt zu haben, vgl. hierzu auf der Website von CDU/CSU: Thema des Tages vom 13. Juni 2024 (online verfügbar). Vgl. hierzu Jürgen Schupp (2023): Das neue Bürgergeldgesetz – kein Systemwechsel, aber Stärkung von individuellem Schutz sowie verbesserte Chancen nachhaltiger Erwerbsintegration. Sozialer Fortschritt 72(9-19), 777–780 (online verfügbar). geführt. Befürwortende sehen im BGE vor allem ein Mittel zur Sicherung der Marktwirtschaft sowie zur Stärkung der sozialen Sicherheit und individuellen Autonomie.infoVgl. Thomas Straubhaar (2021): Grundeinkommen jetzt! Nur so ist die Marktwirtschaft zu retten. Basel. Kritiker*innen hingegen bezweifeln vor allem die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit und sehen zudem eine Gefahr des Abbaus bisheriger sozialpolitischer Errungenschaften.infoVgl. beispielsweise Georg Cremer (2019): Für ein Bedingungsloses Grundeinkommen den Sozialstaat aufgeben? ORDO – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Jg. 70, 215–238 (online verfügbar). Neben einer Reihe an SimulationsstudieninfoDer Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen widmete sich 2021 in einem Gutachten unter anderem der Frage der Finanzierbarkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens und kam zu dem Fazit, dass es nicht umsetzbar sei, vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen. Gutachten 02/2021 vom 21. Juli 2021 (online verfügbar). Zu einer optimistischeren Bewertung gelangt eine am DIW Berlin in Auftrag gegebene Mikrosimulationsstudie, vgl. Stefan Bach und Mark Hamburg (2023): Simulationsanalysen zur Finanzierbarkeit des bedingungslosen Grundeinkommens. DIW Politikberatung kompakt Nr. 195 (online verfügbar). Schließlich gelangt eine aktuelle Simulationsstudie zu dem Ergebnis, dass zielgenauere Alternativszenarien eines BGE durchaus auch finanzierbar wären, vgl. Benjamin Bätz et al. (2024): Bedingungsloses vs. haushaltstyp- und wohnortabhängiges Grundeinkommen: Simulation verschiedener Reformszenarien für Deutschland. Perspektiven der Wirtschaftspolitik 25 (3-4), 273–285 (online verfügbar). haben vor allem auch umfangreiche und zufallsbasierte Feldexperimente international in den letzten Jahren die Debatte empirisch bereichert. Die lange Jahre ohne wissenschaftliche Grundlage geführten Debatten wurden damit zunehmend auf ein evidenzbasiertes Niveau des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes überführt. So belegen die ersten Veröffentlichungen zweier im vergangenen Jahr abgeschlossener Feldexperimente in den USA, dass sich insbesondere der vermutete substanzielle Verzicht auf Ausübung von Erwerbsarbeit nur teilweise belegen lässt und sich eher auf eine leichte Reduktion der Arbeitszeit beschränkt (Kasten 1).

Eine sehr ähnliche Experimentalstudie mit insgesamt 3000 Teilnehmenden im Alter von 21 bis 40 wurde von November 2020 bis Oktober 2023 in zwei Bundesstaaten der USA durchgeführt (OpenResearch Unconditional income Study – ORUS). In dieser Studie wurden 1000 zufällig ausgewählte Teilnehmenden, deren Haushaltseinkommen nicht mehr als 300 Prozent über der Armutsgrenze der USA lag, über einen Zeitraum von drei Jahren monatlich rund 1000 Dollar ausgezahlt, während die 2000 Studienteilnehmer*innen der Vergleichsgruppe 50 Dollar für ihre Studienteilnahme erhielten.

Die bedingungslosen Geldzahlungen führten in den USA ebenfalls zu einem Anstieg der Konsumausgaben um etwa 300 Dollar pro Monat, insbesondere in den Bereichen Wohnen und Mobilität. Das Sparverhalten änderte sich kaum.infoAlexander Bartik et al. (2024): The Impact of Unconditional Cash Transfers on Consumption and Household Balance Sheets: Experimental Evidence from Two US States (online verfügbar). Die Studienergebnisse zum Arbeitsmarktverhalten der Teilnehmer*innen zeigten einen Rückgang der Arbeitsmarktbeteiligung der Geldempfänger*innen.infoEva Vivalt et al. (2024): The employment effects of a guaranteed income: experimental evidence from two U.S. states. NBER Working Paper 32719 (online verfügbar). Konkret reduzierten die Geldempfänger*innen – wie auch deren Partner*innen – ihre wöchentliche Arbeitszeit infolge der Transfers um ein bis zwei Stunden. Lässt man die bedingungslosen Geldzahlungen außer Acht, verringerte sich das monatliche Gesamteinkommen der Teilnehmer*innen um 2000 Dollar im Jahr im Vergleich zur Vergleichsgruppe. Im Bereich der mentalen Gesundheit führten die Geldzahlungen zu keinen Verbesserungen.infoSarah Miller et al. (2024): Does income affect health? Evidence from a randomized controlled trial of a guaranteed income. NBER Working Paper 32711 (online verfügbar). Darüber hinaus gab es im ersten Jahr einen Anstieg der medizinischen Ausgaben um etwa 20 Dollar pro Monat in der Maßnahmengruppe. Außerdem wurden Krankenhaus- und Notaufnahmebehandlungen im Vergleich zur Vergleichsgruppe häufiger in Anspruch genommen. Gleichwohl wird keine Auswirkung der Geldzahlungen auf verschiedene Messgrößen der körperlichen Gesundheit identifiziert.

In Deutschland wurde im Jahr 2020 ein groß angelegtes Feldexperiment, das sogenannte Pilotprojekt Grundeinkommen, vom Berliner Verein Mein Grundeinkommen e.V. in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Wirtschaftsuniversität Wien auf den Weg gebracht. Im Rahmen zweier Studien werden die individuellen Wirkungen bedingungsloser Geldzahlungen auf Personen in Einpersonenhaushalten im Alter von 21 bis 40 Jahren, die vor Beginn der Geldzahlungen über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1100 bis 2600 Euro verfügten, untersucht.infoSandra Bohmann et al. (2025): Cash Transfers, Mental Health, and Agency: Evidence from an RCT in Germany. Mimeo (online verfügbar); und Sarah Bernhard et al. (2025): Basic Income and Labor Supply. Mimeo (online verfügbar). Dafür wurden die Teilnehmenden zufällig in eine Maßnahmengruppe und eine Vergleichsgruppe unterteilt. Die Maßnahmengruppe von 107 Personen erhielt monatlich für die Dauer von drei Jahren (Juni 2021 bis Mai 2024) einen bedingungslosen Geldbetrag in Höhe von 1200 Euro (Kasten 2). Bei der zufälligen Einteilung der Teilnehmenden in Maßnahmengruppe und Vergleichsgruppe wurde ein spezielles ökonometrisches Verfahren angewendet, um die Vergleichbarkeit dieser Gruppen zu verbessern.infoDas Studiendesign wurde vor dem Start des Experiments präregistriert, vgl. Sandra Bohmann et al. (2021): Experimental evaluation of a Basic Income Pilot in Germany. AEA RCT Registry, 7. Dezember (online verfügbar).

Das Pilotprojekt Grundeinkommen wurde vom gemeinnützig anerkannten Verein „Mein Grundeinkommen e.V.“ ins Leben gerufen, der sich seit mehreren Jahren aktiv an der öffentlichen Diskussion über das Grundeinkommen in Deutschland beteiligt. Vor allem bekannt wurde die Organisation durch eine Verlosung, bei der Teilnehmende ein monatliches Grundeinkommen für die Dauer von einem Jahr gewinnen können. Die Finanzierung dieser Grundeinkommen erfolgt in Form von freiwilligen Zahlungen.infoAuch die Mittel zur Finanzierung der dreijährigen Auszahlung an die Maßnahmengruppe in Höhe von mehr als fünf Millionen Euro stellte der Verein Mein Grundeinkommen zur Verfügung, vgl. für Details die Website des Pilotprojekts (online verfügbar). Die monatlichen Zahlungen an die Maßnahmengruppe, die Entschädigung der Teilnehmer*innen der Kontrollgruppe und die Bezahlung des Befragungsinstituts wurden vom Verein Mein Grundeinkommen e.V. getragen. Die Konzeption der quantitativen Begleitforschung und sämtliche Datenanalysen wurden von den Forschenden der beteiligten Institute, DIW Berlin, der Wirtschaftsuniversität Wien, der Frankfurt School of Finance and Management und der Universität Oxford, eigenverantwortlich und unabhängig vom Verein Mein Grundeinkommen e.V. durchgeführt.

Auswahl der Teilnehmer*innen

Aus den über zwei Millionen Personen (2048370), die einem öffentlichen Aufruf im Herbst 2020 gefolgt waren und sich unter Angabe sieben demografischer Merkmale und der Einstellung zum Grundeinkommen online für das Pilotprojekt registriert hatten, wurden in einem nächsten Schritt 20000 Teilnehmende ausgewählt, die den Zielgruppenkriterien entsprachen: Die Personen mussten in Deutschland in einem Einpersonenhaushalt leben und 21 bis 40 Jahren alt sein. Ihr monatliches Nettoeinkommen musste zwischen 1100 und 2600 Euro liegen. Diese Einschränkung der Zielgruppe diente der höheren Vergleichbarkeit der Studienteilnehmer*innen und damit der Chance, statistisch belastbare Ergebnisse mit der durch die Finanzierungsmöglichkeiten beschränkten Anzahl an Studienteilnehmer*innen zu gewinnen.infoBeispielsweise wurden zu Beginn der Studie Mehrpersonenhaushalte ausgeschlossen, um individuelle Effekte der Geldzahlungen besser untersuchen zu können. Durch die Mindesteinkommensgrenze wurden außerdem Transferempfänger*innen ausgeschlossen, da diesen die monatlichen Geldzahlungen angerechnet und die monatlichen Transferzahlungen entsprechend gekürzt worden wären.

Hinsichtlich der weiteren soziodemografischen Angaben wie Geschlecht, Bildungsniveau und regionaler Verteilung entsprach die Stichprobe in etwa der Randverteilung der Zielgruppe im Mikrozensus. Die ausgewählten 20000 Personen erhielten eine Einladung zur Teilnahme an einer Online-Befragung, die wie auch alle weiteren durch das Befragungsinstitut Pollytix durchgeführt wurde. Etwa 15000 Personen beantworteten die Umfrage vollständig. Innerhalb dieser Gruppe wurden mittels geschichteter Zufallszuweisung die MaßnahmengruppeinfoNeben der Maßnahmengruppe haben weitere 14 Personen die monatlichen Geldzahlungen erhalten, die allerdings nicht Teil der geschichteten Zufallszuweisung waren und daher auch nicht Teil der Analysen sind. Diese Personen beteiligten sich an qualitativen Befragungen und haben teilweise auch Fragen von Journalisten*innen zu ihren persönlichen Erfahrungen mit den bedingungslosen monatlichen Geldzahlungen beantwortet. (N = 107) und Vergleichsgruppe (N = 1580) gebildet. Dabei wurde darauf geachtet, dass in beiden Gruppen sowohl Befürworter*innen als auch Gegner*innen des Grundeinkommens zu gleichen Teilen vertreten waren. Die 107 Personen der Maßnahmengruppe erhielten ab Juni 2021 für drei Jahre monatlich je 1200 Euro. Als Anreiz für die Teilnahme an den Befragungen erhielten die Mitglieder der Vergleichsgruppe zehn Euro für jede abgeschlossene Umfrage. Im Studienverlauf nahmen die Teilnehmenden an insgesamt sechs halbjährlichen Wiederholungsbefragungen teil, die jeweils etwa 15 bis 25 Minuten dauerten. Zur Steigerung der Teilnahmebereitschaft erhielten die Mitglieder der Vergleichsgruppe bis zu 100 Euro für die Teilnahme an allen Umfragen. 71 Prozent der Kontrollgruppe beteiligten sich während des dreijährigen Studienzeitraums an allen Befragungen.infoAusfallanalysen zeigen dass die selektive Teilnahme in der Vergleichsgruppe keine Auswirkungen auf die Ergebnisse hatte.

Schätzung der Effekte

Die Effekte der Geldzahlungen werden durch Vergleiche der durchschnittlichen Angaben der Maßnahmengruppe mit den durchschnittlichen Angaben der Vergleichsgruppe geschätzt. Die statistische Signifikanz der Schätzungen wird durch robuste Standardfehler, Neyman P-Werte und Fisher’s exakte P-Werte ermittelt.infoDetails vgl. Susan Athey und Guido W. Imbens (2017): The Econometrics of Randomized Experiments. In: Handbook of Economic Field Experiments, Volume 1, Chapter 3, 73–140 (online verfügbar). In beiden Schritten wird die geschichtete Zufallszuweisung der Teilnehmenden in die Maßnahmengruppe und Vergleichsgruppe berücksichtigt.

Zwar bleibt die Aussagekraft dieser Studien, wie auch der oben erwähnten internationalen Feldexperimente, begrenzt, da ausschließlich die Auswirkungen auf den Einzelnen untersucht werden und die Studien auf einen kleinen Teil der Gesamtbevölkerung beschränkt sind.infoDies gilt auch für die mögliche Differenzierung in Teilgruppen. Weiterhin können Quartierseffekte in der Studie nicht beobachtet werden. Auch die zeitliche Begrenzung des Feldexperiments auf drei Jahre schränkt die Verallgemeinerung der Studienergebnisse ein. Direkte und insbesondere indirekte Wirkungen einer öffentlichen Finanzierung können ebenso wenig ermittelt werden wie Preis- und Inflationseffekte oder andere makroökonomische Effekte.

Dennoch liefern die Studien fundierte Einblicke in die möglichen Effekte bedingungsloser Geldzahlungen und erweitern damit die empirische Basis einer evidenzbasierten Diskussion. Im Folgenden werden nun die Ergebnisse der Studien über das Pilotprojekt Grundeinkommen zusammengefasst. Der Fokus liegt dabei auf dem Vergleich des Ausgabeverhaltens, des Arbeitsmarktverhaltens und der mentalen Gesundheit zwischen der Maßnahmengruppe (107 Geldempfänger*innen) und der Vergleichsgruppe (1580 Befragte).

Über ein Drittel der Geldzahlungen wurde gespart und die Hälfte in Konsum investiert

Im ersten Schritt wird untersucht, für welche Zwecke die Geldempfänger*innen, die für die Dauer von drei Jahren frei über die monatlichen 1200 Euro frei verfügen konnten, die Geldzahlungen verwendet haben. Vergleicht man die durchschnittliche Höhe der Ausgaben der Maßnahmengruppe mit der Vergleichsgruppe, zeigen sich große Unterschiede im Ausgabeverhalten (Abbildung 1). Die Teilnehmenden der Vergleichsgruppe sparten im Beobachtungszeitraum durchschnittlich etwa 332 Euro pro Monat. Personen in der Maßnahmengruppe legten im Durchschnitt 779 Euro pro Monat auf die hohe Kante – also mehr als das Doppelte. Durch die bedingungslosen Geldzahlungen erhöhte sich die monatliche Sparsumme also um 447 Euro. Außerdem war der Anteil der Personen, die monatlich einen Geldbetrag zurücklegten, in der Maßnahmengruppe deutlich höher (90 Prozent) als in der Vergleichsgruppe (75 Prozent). Darüber hinaus gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied in der Verschuldung der Maßnahmengruppe und der Vergleichsgruppe. Die Maßnahmengruppe konnte somit im Verlauf der Studie Vermögenswerte aufbauen. Zu Studienbeginn hatte etwa die Hälfte der Teilnehmenden aus beiden Gruppen ein Vermögen von weniger als 10000 Euro. Zum Ende der Studienlaufzeit war der Anteil derer mit einem Vermögen von weniger als 10000 Euro in der Maßnahmengruppe auf 13 Prozent gesunken, in der Vergleichsgruppe hingegen nur auf 27 Prozent. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Personen der Maßnahmengruppe die zusätzlichen Mittel nutzten, um einen Teil ihrer gewonnenen finanziellen Freiheit in die Zukunft zu verschieben. Die zeitliche Verlagerung der Geldzahlungen, gemessen an einer steigenden Sparquote, war in einer vergleichbaren Studie in den USA nicht zu beobachten (Kasten 1).

Ein weiterer Teil des Geldes wurde verwendet, um Freund*innen und Familienmitglieder finanziell zu unterstützen, aber auch um zu spenden. Im Durchschnitt spendeten die Teilnehmenden in der Maßnahmengruppe 28 Euro pro Monat und damit mehr als doppelt so viel wie die Vergleichsgruppe (12 Euro). Die Unterstützung von Familie und Freund*innen war in der Maßnahmengruppe mit durchschnittlich 126 Euro pro Monat ebenfalls mehr als doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe (50 Euro). Auch hier stieg in der Maßnahmengruppe der Anteil der Personen, die Familie und Freud*innen unterstützten oder spendeten: Durch die bedingungslosen Geldzahlungen erhöhte sich die Spender*innenquote von 40 auf 58 Prozent. Der Anteil derer, die Freund*innen und Familie unterstützten, wuchs von 24 Prozent auf 58 Prozent. Viele Teilnehmende nutzten die zusätzlichen Mittel also nicht nur für sich selbst, sondern unterstützten auch ihr soziales Umfeld. Die bedingungslosen Geldzahlungen stärkten damit nicht nur die individuelle finanzielle Sicherheit, sondern ermöglichten auch mehr gegenseitige Unterstützung sowie die Unterstützung wohltätiger Zwecke.

Etwa die Hälfte der monatlichen Geldzahlungen (617 Euro) wurde von der Maßnahmengruppe für Konsumausgaben genutzt. Etwa 40 Prozent der höheren Konsumausgaben können verschiedenen Kategorien zugeordnet werden. So gaben die Geldempfänger*innen im Schnitt im zweiten und dritten Studienjahr etwa sechs Prozent der monatlichen Geldzahlungen für Kleidung, sechs Prozent für Freizeitaktivitäten und 31 Prozent für Reisen aus.infoDa die Dauer der Befragung mit den Teilnehmenden begrenzt war, konnte keine vollständige Erfassung sämtlicher Haushaltsausgaben erfolgen. Im ersten Studienjahr wurden besondere Ausgaben dokumentiert, ab dem zweiten Studienjahr wurden die monatlichen Ausgaben für verschiedene Kategorien von Gütern und Dienstleistungen dokumentiert. Verrechnet man die so dokumentierten Ausgaben und Verwendungszwecke mit den gestiegenen Einnahmen der Maßnahmengruppe, so bleibt ein nicht eindeutig zuordbarer durchschnittlicher Restbetrag von 384 Euro im Monat. Bei den Wohnkosten gab es hingegen keine Veränderungen.

Mehr Zeit für soziale Kontakte

Neben den veränderten finanziellen Möglichkeiten wurde ermittelt, ob die Geldzahlungen zu Veränderungen in der Zeitverwendung führten (Abbildung 2). Der größte Unterschied in der Zeitverwendung zeigte sich im sozialen Bereich: Personen in der Maßnahmengruppe verbrachten im Durchschnitt 3,8 Stunden mehr pro Woche mit Freund*innen, Familie und Partner*innen. Soziale Aktivitäten gehen häufig auch mit Ausgaben einher – sei es für Besuche in Gaststätten, Kinotickets oder gemeinsame Freizeitgestaltung. Der im vorherigen Abschnitt berichtete Anstieg der Ausgaben für Freizeitaktivitäten um sechs Prozent lässt sich entsprechend auch vor diesem Hintergrund interpretieren.

Darüber hinaus schliefen die Personen der Maßnahmengruppe etwas mehr als eine Stunde pro Woche länger als die Vergleichsgruppe. Dieser Unterschied war allerdings statistisch nicht signifikant.infoWenn allerdings Unterschiede in der durchschnittlichen Schlafenszeit zwischen den beiden Gruppen vor Beginn der Maßnahmen berücksichtigt werden, dann erhöhten die Geldzahlungen die Schlafenszeit signifikant. Kleine und nicht signifikante Unterschiede fanden sich in der Zeitverwendung für ehrenamtliche und sportliche Aktivitäten sowie für Bildung und Unterhaltung.

Weder Rückzug aus dem Arbeitsmarkt noch Verringerung der Arbeitsstunden

Ein in der Öffentlichkeit wie auch in der Wissenschaft oft bemühtes Argument gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen ist die Sorge, dass es die Erwerbsquote senken könnte.infoVgl. hierzu beispielsweise Heiner Flassbeck (2013): Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ein Irrweg. Wirtschaftsdienst 93(9), 596–598. In der vorliegenden Studie führten die monatlichen bedingungslosen Geldzahlungen jedoch über den gesamten Studienverlauf hinweg weder zu einer vermehrten Aufgabe einer Erwerbstätigkeit (Abbildung 3) noch zu einer Reduktion der tatsächlich geleisteten Wochenarbeitszeit (Abbildung 4). In beiden Gruppen waren zu jedem Befragungszeitpunkt circa 90 Prozent der Studienteilnehmenden durchschnittlich 40 Stunden pro Woche erwerbstätig. Die Maßnahmengruppe verdiente vor Steuern und Abgaben im Beobachtungszeitraum durchschnittlich 127 Euro weniger pro Monat als die Vergleichsgruppe (Abbildung 4).infoZusätzlich zu den Selbstauskünften werden die Ergebnisse in Kürze durch eine vertiefende Analyse der mittlerweile verknüpften, aber noch nicht für den gesamten Untersuchungszeitraum vorliegenden Registerdaten der Bundesagentur für Arbeit ergänzt, die eine genauere Identifikation der längerfristigen Effekte auf das Arbeitsmarktverhalten erlauben. Solche zusätzlichen Angaben konnten für 88 Prozent aller Teilnehmenden mit den Befragungsdaten verknüpft werden, die hierfür ihre explizite Zustimmung erteilten. Der Unterschied ist jedoch statistisch nicht signifikant. Betrachtet man die Entwicklung der monatlichen Bruttoerwerbseinkommen, zeigt sich, dass diejenigen der Maßnahmengruppe in den drei Jahren inflationsbereinigt insgesamt um 19,5 Prozent stiegen, während die Vergleichsgruppe Reallohnsteigerung von 24,2 Prozent realisieren konnte.

Der Anteil der Selbstständigen unterschied sich in beiden Gruppen nicht (jeweils sieben Prozent). Im Befragungszeitraum lag aber der durchschnittliche Anteil an Personen, die sich im Studium oder in beruflicher beziehungsweise schulischer Ausbildung befanden, in der Maßnahmengruppe höher als in der Vergleichsgruppe (14 versus zehn Prozent). Dieser Unterschied ist jedoch nicht signifikant.

Es zeigt sich also, dass der oft diskutierte Rückzug in die soziale Hängematte bei diesem Experiment nicht eingetreten ist – zumindest nicht bei einer Laufzeit von drei Jahren. Gleichzeitig ließen sich allerdings auch keine Hinweise darauf finden, dass die Geldzahlungen als Katapult in die Selbstständigkeit genutzt wurden. Wenn überhaupt, deuteten sich höhere Investitionen in das Humankapital an. Des Weiteren wurde ein großer Teil des Geldes für die finanzielle Absicherung gespart. Außerdem wurde ein nicht unerheblicher Teil für soziale Zwecke und die Unterstützung anderer verwendet sowie mehr Zeit mit Freund*innen, der Familie und Partner*innen verbracht.

Mentale Gesundheit und subjektives Wohlbefinden verbesserten sich

Die monatlichen bedingungslosen Geldzahlungen und die damit einhergehende finanzielle Freiheit und Sicherheit hatten insgesamt einen starken positiven Effekt auf die mentale Gesundheit, die wahrgenommene Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns sowie das subjektive Wohlbefinden der Maßnahmengruppe (Abbildung 5). Um den Einfluss der Geldzahlungen auf die verschiedenen Indikatoren des Wohlbefindens vergleichen zu können, wurden die Angaben der Befragten teils zu Indizes zusammengefasst und standardisiert (Kasten 3). Der stärkste Effekt zeigte sich – wenig überraschend – bei der Einkommenszufriedenheit. Auch die Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit, dem Schlaf und der Freizeit war in der Maßnahmengruppe signifikant höher als in der Vergleichsgruppe. Die allgemeine Lebenszufriedenheit lag im Befragungszeitraum in der Maßnahmengruppe auf einer Skala von null bis zehn bei durchschnittlich 7,6, während sie in der Vergleichsgruppe 7,1 betrug. Damit war sie in der Maßnahmengruppe um 0,42 Standardabweichungen (42 Prozent einer Standardabweichung) höher als in der Vergleichsgruppe.infoDies bedeutet, dass die bedingungslosen Geldzahlungen die allgemeine Lebenszufriedenheit der Geldempfänger*innen um 42 Prozent der üblicherweise in der Untersuchungsgruppe vorkommenden Schwankung der allgemeinen Lebenszufriedenheit verbessert. Dieser starke Zuwachs ist durchaus vergleichbar mit einschneidenden positiven Lebensereignissen wie einer Eheschließung.infoVgl. hierzu etwa Richard E. Lucas et al. (2003): Reexamining Adaptation and the Set Point Model of Happiness: Reactions to Changes in Marital Status. Journal of Personality and Social Psychology 84 (3), 527–539; sowie Michael D. Krämer et al. (2025): Life events and life satisfaction: Estimating effects of multiple life events in combined models. European Journal of Personality, 39 (1), 3–23. Bemerkenswert ist außerdem, dass dieser Effekt über den gesamten Studienverlauf sehr stabil blieb und es nicht zu Gewöhnungseffekten kam.

Im Pilotprojekt wurden drei zentrale Indikatoren des Wohlbefindens erfasst: Die Studienteilnehmer*innen wurden gebeten, ihre Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten ihres Lebens anzugeben, die Sinnhaftigkeit ihres Tuns zu bewerten und es wurden Fragen gestellt, die einen Rückschluss auf die mentale Gesundheit der Befragten erlauben. Konkret wurde die WHO-5-Depressionsskala sowie ein Teil der Fragen aus dem Perceived Stress Scale verwendet, um die mentale Gesundheit zu messen.infoEine genaue Beschreibung der Skalenbildung findet sich in: Sandra Bohmann et al. (2025): Cash Transfers, Mental Health, and Agency: Evidence from an RCT in Germany. Mimeo (online verfügbar). Um den Einfluss der Geldzahlungen auf diese verschiedenen Indikatoren subjektiven Wohlbefindens vergleichen zu können, wurden die Angaben der Befragten teils zu Indizes zusammengefasst und standardisiert. Dadurch kann der Einfluss der Geldzahlungen auf das entsprechende Wohlbefindensmaß in Standardabweichungen angegeben werden. Die Angabe von Effektstärken in Standardabweichungen setzt Gruppenunterschiede in den Mittelwerten für einen Indikator (zum Beispiel allgemeine Lebenszufriedenheit) ins Verhältnis zur üblichen Schwankung dieses Indikators in der Bevölkerung. Eine Effektgröße von 0,42 Standardabweichungen, wie sie hier zum Beispiel für die die allgemeine Lebenszufriedenheit vorliegt, bedeutet also, dass die bedingungslosen Geldzahlungen die allgemeine Lebenszufriedenheit der Geldempfänger*innen um 42 Prozent der üblicherweise in der Untersuchungsgruppe vorkommenden Schwankung der allgemeinen Lebenszufriedenheit verbessert.

Die mentale Gesundheit war in der Maßnahmengruppe um gut 30 Prozent einer Standardabweichung höher und das Empfinden von Sinnhaftigkeit um 25 Prozent einer Standardabweichung höher als in der Vergleichsgruppe. Auch diese Effekte blieben über alle sechs Befragungswellen hinweg konstant, wobei die Unterschiede beim Lebenssinn und bei der Arbeitszufriedenheit im Laufe der Zeit etwas zunahmen. Der Unterschied bei der finanziellen Zufriedenheit wurde etwas kleiner, sie lag aber signifikant über dem Niveau der Vergleichsgruppe. Ein möglicher Grund für die Verbesserung des Wohlbefindens ist die Vergrößerung der Handlungsspielräume. Tatsächlich berichtete die Maßnahmengruppe im Studienzeitraum, mehr Autonomie über das eigene Leben zu empfinden als Personen in der Vergleichsgruppe.

Die Ergebnisse legen nahe, dass regelmäßige, großzügige, garantierte und bedingungslose Geldzahlungen langfristig positive Effekte auf die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden auslösen. Dies kann sich wiederum positiv auf das Arbeitsmarktverhalten auswirken, wie Studien zeigen. So steigert subjektives Wohlbefinden die Produktivität der Beschäftigten.infoVgl. Andrew J. Oswald, Eugenio Proto und Daniel Sgroi (2015): Happiness and Productivity. Journal of Labor Economics 33 (4), 789–822 (online verfügbar). Zudem ist auch der Zusammenhang zwischen dem Grad an mentalen gesundheitlichen Einschränkungen und der Anzahl an Fehltagen am Arbeitsplatz wissenschaftlich klar anerkannt.infoVgl. Richard Layard (2013): Mental health: the new frontier for labour economics. Journal of Labor Policy 2 (2), 1–16 (online verfügbar).

Fazit: Ergebnisse entkräften Stereotyp von der sozialen Hängematte

Die vorliegenden Ergebnisse des Pilotprojekts Grundeinkommen liefern einen weiteren wichtigen Puzzlestein für die Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen und wichtige Erkenntnisse zu der Frage, wie sich substanzielle Geldzahlungen auf das Verhalten von Menschen auswirken. Als eines der Kernergebnisse zählt, dass Teilnehmende über ein Drittel der bedingungslosen Geldzahlungen sparten sowie sieben Prozent der Geldzahlungen für wohltätige Zwecke oder zur Unterstützung von nahestehenden Personen ausgaben. Dies lässt auf eine insgesamt sorgsame Verwendung der Geldzahlungen schließen. Zudem erfolgte weder ein vermehrter Rückzug aus dem Arbeitsmarkt noch eine signifikante Reduktion der geleisteten Arbeitsstunden. Als weiteres zentrales Ergebnis der Studie zeigt sich, dass die bedingungslosen Geldzahlungen signifikant sowohl die mentale Gesundheit als auch das subjektiv empfundene Wohlbefinden erhöhten.

Mit den Ergebnissen, insbesondere zum Arbeitsmarktverhalten, können manche Klischees und Stereotype wie das von der sozialen Hängematte versachlicht werden. Dies bestätigen auch die Ergebnisse des staatlichen finnischen Experiments zum Grundeinkommen bei Arbeitslosen vor einigen JahreninfoBeim staatlich finanzierten zweijährigen Grundeinkommensexperiment in Finnland erhielten 2000 zufällig ausgewählte Personen zwischen 25 und 50 Jahren aus dem Register der staatlichen Arbeitslosenunterstützung nicht besteuerbares Grundeinkommen anstelle der staatlichen Transfers. Es zeigten sich keine signifikanten Beschäftigungseffekte, vgl. Olli Kangas et al. (Hrsg.) (2021): Experimenting with Basic Income: Lessons from the Finnish Basic Income Experiment 2017–2018. Cheltenham (online verfügbar). sowie die jüngst in den USA durchgeführten Feldexperimente.

Trotz lange Jahre intensiv geführter Debatten steht derzeit die Einführung eines Grundeinkommens bei den potenziellen Koalitionsparteien nicht auf der Agenda. Zugleich zeichnet sich für Bürgergeldbeziehende wieder vermehrt eine Politik des Forderns statt Förderns ab.infoIm Sondierungspapier der vermutlich künftigen Bundesregierung vom 8. März 2025 (online verfügbar) erklären CDU, CSU und SPD, dass das „bisherige Bürgergeldsystem … zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgestaltet werde und auch künftig Vermittlungshemmnisse beseitigt werden. Zugleich werde eine neue Bundesregierung „Mitwirkungspflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern verschärfen“. Pauschale sowie bedingungslose Geldzahlungen könnten jedoch besonders in Krisenzeiten plötzliche Aktualität erlangen, wie bereits die Corona-Pandemie gezeigt hat.infoWährend der Corona-Pandemie erhielten alle Bürger*innen mit Hilfe eines Direktauszahlungsmodus rasch und unbürokratisch finanzielle Unterstützungsleistungen. Hierzu wurden in den letzten Jahren auch in Deutschland zumindest die technischen Voraussetzungen fertiggestellt, vgl. Informationen auf der Website des Bundesfinanzministeriums (online verfügbar). Auch vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) wurde ein solcher Mechanismus als notwendige Krisenvorbereitung angemahnt, vgl. Sachverständigenrat (2023): Jahresgutachten 2023/24: Anwendungsfälle: Kriseninstrument und Klimageld, Ziffer 354 (online verfügbar). Ein staatlicher Direktauszahlungsmechanismus könnte künftig dazu genutzt werden, die sozioökonomische Sicherheit und Resilienz der Bürger*innen zu stärken und sie in die Lage zu versetzen, künftige Umwälzungen mit größerem Selbstvertrauen und Zuversicht zu meistern.infoDer Sozialphilosoph Philipp van Parijs, einer der wichtigsten und renommiertesten internationalen Befürworter eines BGE, sieht in einem eher partiellen bedingungslosen Grundeinkommen große Chancen, auch Transformationen und Krisen konfliktärmer bewältigen zu können: Philipp van Parijs (2021): Climate change and the COVID-19 pandemic: crucial pushes or deadly blows for basic income? In: Dorothee Rodenhäuser et al. (Hrsg.): Soziale Sicherungssysteme im Umbruch. Marburg, 193–211. Da zudem aufgrund des demografischen Wandels in den nächsten Jahren Deutschlands Sozialsysteme umgebaut werden müssen, sollte eine evidenzbasierte und ergebnisoffene gesellschaftliche Debatte alle Reformoptionen in den Blick nehmen – auch das bedingungslose Grundeinkommen.

Sandra Bohmann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Staat

Jürgen Schupp

Wissenschaftler in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel



JEL-Classification: C93;H31;I31
Keywords: field experiment, basic income, household finance, labor supply, well-being, mental health, cash transfers
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-15-1

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