Keine Änderung beim Arbeitsverhalten
Die Resultate des Experiments sind für die Befürwortenden eines BGE ernüchternd, wie eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin zeigt. Die Geldempfänger haben faktisch nichts Grundlegendes an ihrem Arbeitsverhalten verändert. Sie haben weder ihre Arbeitszeit noch ihre Tätigkeit verändert. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch zwei andere Studien für die USA. Positiv formuliert könnte man sagen: Die soziale Hängematte ist ein Mythos. Aber ein bedingungsloses Grundeinkommen führt eben auch nicht dazu, dass sich Menschen beruflich verbessern.
Es gibt aber zwei signifikante Unterschiede zwischen den Empfängern des BGE und ihren quasi identischen Zwillingen aus der Kontrollgruppe: Erstere sind deutlich und nachhaltig zufriedener mit ihrem Leben und haben eine bessere mentale Gesundheit. Und sie spenden doppelt so viel für soziale Zwecke (29 Euro im Vergleich zu 13 Euro). Ein gutes Drittel des BGE-Geldes wurde zudem gespart. Die Hälfte des Geldes wurde für den Konsum genutzt, wie für Reisen, Kleidung oder Freizeit. Stark vereinfacht könnte man das Fazit wie folgt zusammenfassen: Geld macht zufriedener. Das ist jedoch (auch wissenschaftlich) wenig überraschend. Und rechtfertigt dies die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens?
Man sollte, wie immer in der Wissenschaft, vorsichtig mit den Erkenntnissen umgehen. Die Resultate basieren auf einer kleinen, begrenzten Gruppe von Probandinnen und Probanden. Die größte Schwäche eines solchen Experiments – wie letztlich aller Verhaltensexperimente – ist die Tatsache, dass das Geld nur für drei Jahre und nicht permanent ausgezahlt wurde. Ein Mensch mag sich anders verhalten, wenn er davon ausgehen kann, dass er das Geld stetig erhält. Bei einer Auszahlung über lediglich drei Jahre ist es vernünftig, zumindest einen Teil davon zu sparen und den Job nicht zu kündigen. Was jedoch gegen diese These spricht, ist die Tatsache, dass sich kaum jemand eine Auszeit vom Job genommen hat und die allerwenigsten trotz des Geldes gewillt waren, sich fortzubilden oder sich selbstständig zu machen.
Trotzdem ist Vorsicht geboten, die Ergebnisse eines einzelnen Experiments als einen definitiven Beweis zu verstehen. Zugleich lassen sich einige Erkenntnisse aus dem Versuch für den Sozialstaat ableiten.
Eine erste Implikation ist, dass Entscheidungen – wie in Bezug auf Arbeit oder Qualifizierung – meist nur wenig von Geld, sondern viel stärker von den verfügbaren Rahmenbedingungen und Chancen bestimmt werden. Ein bedingungsloses Grundeinkommen führt vermutlich nicht per se dazu, dass sich deutlich mehr Menschen selbstständig machen. Ausschlaggebend für eine solche Entscheidung sind die individuellen Fähigkeiten, Chancen und Informationen. Oder andersherum formuliert: Mehr Geld ist meist keine essenzielle Voraussetzung für eine Verhaltensänderung in Bezug auf Arbeit und Qualifizierung, sondern mehr Geld ist das Resultat von Qualifizierung und Anstrengungen.
Zweitens hängen die meisten Entscheidungen und Verhaltensweisen der Menschen weniger von Geld als von ihren Werten und ihrer Mentalität ab. Menschen verändern ihr Verhalten nicht, weil sie regelmäßig Geld bekommen. Sie sind geprägt durch andere Faktoren, etwa die Werte, mit denen sie groß geworden sind oder die sie in ihrem Umfeld erleben. Mehr Geld führt nicht einmal zu einer geringeren Risikoaversion und einer höheren Akzeptanz gegenüber Risiken in Bezug auf Arbeit, da diese häufig fest im Wertekanon und der Mentalität verankert ist.