Blogbeitrag vom 30. Juni 2023
Von Felix Schmidt, Alexander Roth und Wolf-Peter Schill
Für die Photovoltaik (PV) hat sich die Bundesregierung im Rahmen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) ein Ausbauziel von 215 GW bis zum Jahr 2030 gesetzt (folgende Abbildung, oberer Teil). Nach dem Jahr 2030 soll die PV-Leistung weiter kontinuierlich wachsen, auf 400 GW im Jahr 2040. Beim Start der Ampel-Koalition Ende November 2021 betrug die in Deutschland installierte PV-Leistung nach Angaben der AGEE-Stat knapp 60 GW. Bis Ende April 2022 wuchs sie auf gut 71 GW.
Zur Erreichung des 2030-Ziels müssen demnach bis Ende 2030 im Durchschnitt knapp 1,6 GW pro Monat netto zugebaut werden, also unter Berücksichtigung des Abgangs von Altanlagen. Dieser Ausbau soll jedoch nicht linear erfolgen, sondern im Zeitverlauf ansteigen (Abbildung, unterer Teil). Dies ergibt sich aus im EEG formulierten Zwischenzielen sowie der kürzlich veröffentlichten Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung. Im Jahr 2023 sollen 9 GW dazu kommen (0,75 GW pro Monat), in den Jahren 2024 und 2025 sind 13 bzw. 18 GW (1,1 bzw. 1,5 GW pro Monat). Von 2026 an sollen dann 22 GW pro Jahr zugebaut werden (1,8 GW pro Monat).
Sind wir auf dem richtigen Weg zur Erreichung dieser Ziele? Aktuell liegt der PV-Ausbau auf bzw. sogar leicht über dem Zielpfad. Für das Jahr 2022 wurde kein explizites Ausbauziel definiert; aus den Zielen der anderen Jahre lässt sich aber ein Zubau-Ziel von knapp 6 GW ableiten. Dieses Ziel wurde mit gut 7 GW übererfüllt. Im laufenden Jahr 2023 liegt der Ausbau bis einschließlich April mit 3,7 GW ebenfalls über dem Zielpfad von 3 GW (neuere Daten bis Juni liegen im Marktstammdatenregister vor, sind aber noch mit größeren Unsicherheiten behaftet). Somit liegt der PV-Ausbau derzeit leicht über dem Plan; aufgrund des ansteigenden Ausbaupfads muss das durchschnittliche Ausbautempo bis 2030 dennoch um den Faktor 2,5 steigen, um das Ziel von 215 GW zu erreichen.
Laut der im Mai 2023 veröffentlichten Photovoltaik-Strategie soll ab dem Jahr 2026 der weitere PV-Ausbau ungefähr je zur Hälfte auf Freiflächenanlagen und Anlagen auf Gebäuden entfallen. Die folgende Abbildung zeigt, analog zum oben gezeigten Gesamtbestand, den monatlichen Netto-Zubau nach Anlagentyp seit dem Jahr 2017. Datengrundlage hierfür ist das Marktstammdatenregister (MaStR). Neben dem grundsätzlich ansteigenden Trend zeigt die Abbildung, dass der Ausbau in fast allen Monaten stark vom Segment der "Baulichen Anlagen" getragen wurde, was überwiegend Aufdach-Anlagen sind. Die Abbildung zeigt zudem, dass das Segment der kleinen Balkon-PV-Anlagen ("Steckerfertige Erzeugungsanlagen") zuletzt stark gewachsen ist, allerdings von einem sehr niedrigen Niveau aus (Doppelklick auf entsprechenden Legenden-Eintrag). Zu beachten ist dabei, dass nur ein Teil der Balkon-Anlagen korrekt im Marktstammdatenregister erfasst wird. Befragungsergebnissen der HTW Berlin zufolge wurden 2022 nur rund ein Drittel der Anlagen vollständig und korrekt im MaStR angemeldet.
Die folgende Abbildung zeigt ergänzend die relativen Anteile des Zubaus verschiedener PV-Anlagentypen in jährlicher Auflösung seit dem Jahr 2000. Demnach wurde bisher noch in keinem Jahr ein Anteil von 50 Prozent Freiflächenanlagen am Netto-Zubau erreicht, wie es ab 2026 angestrebt wird. In den letzten Jahren lag der Anteil von Freiflächenanlagen, mit einigen Schwankungen, im Bereich von ungefähr einem Drittel.
Der Zubau lässt sich auch nach Anlagengrößen unterscheiden (Auswahl einzelner Größenklassen durch Klick auf die Legende). Bei den baulichen PV-Anlagen machten zuletzt kleine Anlagen bis 30 kW meist den Großteil der monatlichen Netto-Zubauten aus. Diese Anlagen dürften überwiegend auf Dächern privater Haushalte installiert worden sein. Das Segment der vermutlich gewerblichen Gebäude-PV-Anlagen über 1000 kW ist deutlich kleiner, es ist zuletzt aber ebenfalls gewachsen. Bei den Freiflächenanlagen dominieren klar Anlagen, die größer als 1000 kW (1 MW) sind.
Alternativ kann der PV-Ausbau nach Förderungsart differenziert werden. Diese Daten stellt die Bundesnetzagentur bereit. Die Abbildung zeigt, dass der Netto-Zubau der letzten zwölf Monate zu einem großen Teil von Anlagen in der gesetzlichen EEG-Förderung getragen wurde, d.h. von Anlagen mit einer Einspeisevergütung. Dabei handelt es sich weitgehend um kleine Aufdachanlagen. Dagegen war der Beitrag der über Ausschreibungen zugebauten Anlagen - dies sind überwiegend Freiflächenanlagen, die eine gleitende Marktprämie erhalten - nicht einmal halb so groß. Das Segment der ungeförderten Anlagen (über 750 kW) ist noch vergleichsweise klein. Hierbei handelt es sich z.B. um Anlagen, die über Power Purchase Agreements vermarktet werden oder dem reinen Eigenverbrauch in Gewerbe oder Industrie dienen. Es kann sich aber auch um teilweise noch ungeprüfte Marktstammdatenregister-Einträge seitens der Bundesnetzagentur handeln. Mieterstrom-Anlagen bleiben bisher eine vernachlässigbar keine Nische.
Ergänzend zeigt folgende Abbildung den bisher installierten Gesamtbestand von PV-Anlagen nach Bundesländern. Der linke Teil zeigt, dass insgesamt in Bayern am meisten PV-Leistung installiert ist, mit einem Freiflächenanteil von rund einem Drittel. Mit deutlichem Abstand folgen Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg. Von diesen Ländern hat nur Brandenburg einen größeren Anteil an Freiflächenanlagen. Sehr gering ist die installierte PV-Leistung in den Stadtstaaten.
Allerdings unterscheiden sich auch die Potenziale der Bundesländer zur Nutzung der Solarenergie aufgrund von Größen-, Landschafts- und Strukturunterschieden deutlich. Der rechte Teil der Abbildung setzt daher die installierte Leistung ins Verhältnis zu den länderspezifischen Potenzialen, wie sie im Ariadne-Projekt zuletzt ermittelt wurden. Bei Photovoltaik an baulichen Anlagen unterscheidet sich die Potenzialnutzung zwischen den meisten Ländern nicht sehr stark. Das heißt, der absolut betrachtet hohe Ausbaugrad der Gebäude-PV in Bayern geht auch auf besonders hohe Potenziale in diesem Bundesland zurück, die allerdings auch relativ gut genutzt werden. Auch Länder, die in Hinblick auf die absolut installierte Leistung bei der Gebäude-PV eher im unteren Mittelfeld liegen, nutzen ihre Potenziale relativ betrachtet teils ähnlich gut wie Länder, die insgesamt deutlich mehr Gebäude-PV installiert haben. Die Stadtstaaten bilden auch bei der Potenzialausnutzung die Schlusslichter, was unter anderem durch Koordinationsprobleme von Aufdachanlagen in Mehrfamilienhäusern erklärt werden kann. Bei der Potenzialausnutzung der Freiflächenanlagen gibt es größere Unterschiede zwischen den Bundesländern. Besonders gut schneiden hier das Saarland, Brandenburg und Bayern ab; Flächenländer wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben ihre Freiflächenpotenziale dagegen bisher kaum genutzt.
Die folgenden Karten zeigen den mit den jeweiligen Länder-Potenzialen normierten Gesamtbestand an Photovoltaik (Summe von Freiflächen und Gebäuden, links) sowie den ebenfalls auf Potenziale bezogenen Ausbautrend der letzten zwölf Monate (bis Ende des vergangenen Monats). Dabei fällt auf, dass die Länder, die ihr Ausbaupotenzial insgesamt schon am meisten ausgenutzt haben, auch aktuell die höchste Zubaudynamik aufweisen. Vorne liegen in beiden Bereichen das Saarland und Bayern. Dagegen haben die Länder, die derzeit die geringste Potenzial-normierte Ausbaugeschwindigkeit aufweisen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, auch insgesamt ihre Potenziale vergleichsweise wenige erschlossen. Die Stadtstaaten Hamburg und Berlin haben ihre Potenziale bisher vergleichsweise wenig genutzt, bei der Ausbaudynamik schneiden sie allerdings etwas besser ab. Die Daten für Bremen sind nur unter Vorbehalt vergleichbar, da die ausgewiesenen Potenziale selbst im Vergleich zum bisher sehr geringen absoluten Bestand sehr niedrig erscheinen.
Themen: Energiewirtschaft , Klimapolitik , Ressourcenmärkte