Im Kreislauf zwischen Kriminalität und Ungleichheit

O-Ton von Anna Bindler
Im Kreislauf zwischen Kriminalität und Ungleichheit

Eine einzigartige Abteilung in der deutschen Wirtschaftsforschung baut Anna Bindler seit 2024 am DIW Berlin auf. Mit ihrem Team erforscht sie den Zusammenhang zwischen Kriminalität, Arbeit und Ungleichheit. Sie nutzt ökonomische Modelle, die die Entscheidung für oder gegen kriminelles Verhalten als rationale Entscheidungen modellieren, untersucht Wirkungen von Anreizen und Fehlanreizen, setzt sie in Zusammenhang mit ökonomischen Variablen wie Chancengleichheit, Bildung und Armut, um Ursachen von Kriminalität zu bekämpfen und die Prävention zu verbessern. „Gerade unsere Forschung an der Schnittstelle zwischen Kriminalität, Arbeit und Ungleichheit ist etwas, was wir neu in den Diskurs einbringen“, erklärt Anna Bindler.

Kriminalität betrifft vor allem Menschen aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen

Tatsächlich spielt Ungleichheit in der Kriminalitätsforschung eine große Rolle. „In beiden Fällen, sowohl auf Opfer als auch auf Täterseite, sehen wir also in den Daten oft, wenn auch nicht immer, diese Kreisläufe“, so Anna Bindler. Denn ärmere Menschen haben ein höheres Risiko, sowohl Opfer als auch Täter*in von Kriminalität zu werden. Wer Gewalt erfahren oder verübt hat, der muss oft auch Einkommensverluste – etwa durch Arbeitsausfall oder Schwierigkeiten bei der Jobsuche – hinnehmen. Die steigende Armut lässt wiederum das Kriminalitätsrisiko steigen und der Kreislauf schließt sich. Dabei geht es nicht um kleine Summen: Bei Frauen, die Gewalt erlitten haben, zeigen sich etwa in Daten aus den Niederlanden Einkommensverluste von bis zu 13 Prozent.

Anna Bindler im Gespräch mit Host Erich Wittenberg.
© DIW Berlin

Wissenschaft kann zur Prävention beitragen

Zählt man die Einzelschicksale zusammen und rechnet sie auf die Gesamtbevölkerung hoch, ergibt sich ein gewaltiger Schaden. Dazu, dass er sinkt, so hofft Anna Bindler, kann die Forschung ihrer neuen Abteilung künftig beitragen: „Kriminalitätsbekämpfung und Prävention sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Die Wissenschaft kann einen wichtigen Beitrag leisten“. Wie sie dabei an die Arbeit des Nobelpreisträgers Gary Becker anknüpft, was das mit seiner erfolglosen Parkplatzsuche zu tun hat, und warum sie ihren Wunsch nach einer besseren Forschungsdateninfrastruktur in Deutschland wahrscheinlich mit vielen Polizeivertreter*innen in Deutschland teilt, darüber spricht sie in dieser Folge von Wirtschaft bewegt – 100 Jahre DIW Berlin.

Host der Podcastfolge ist Erich Wittenberg.

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100 JAHRE DIW BERLIN IN FÜNF EPOCHEN

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