Grundrentenberechtigte häufiger erwerbstätig als andere Rentner*innen

DIW Wochenbericht 41 / 2025, S. 647-656

Hermann Buslei, Johannes Geyer, Peter Haan, Lukas Harder

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  • Rund 1,4 Millionen Menschen in Deutschland erhalten Grundrente in Höhe von durchschnittlich knapp 100 Euro monatlich
  • Aktuelle Daten der Deutschen Rentenversicherung zeigen, dass insbesondere Frauen vom Grundrentenzuschlag profitieren
  • Grundrentenberechtigte bleiben überdurchschnittlich häufig auch während des Bezugs der Altersrente im Arbeitsmarkt aktiv – meist geringfügig beschäftigt
  • Besonders häufig sind Menschen weiterhin erwerbstätig, wenn sie noch im letzten Jahr vor Renteneintritt erwerbstätig waren
  • Aktuell geplante Aktivrente könnte positiv auf Erwerbsumfang dieser Gruppe wirken, wenn der Steuerfreibetrag auch beim Einkommenstest der Grundrente ausgenommen würde

„Ziel der Grundrente ist es, die Alterseinkommen von langjährig Versicherten mit unterdurchschnittlichem Einkommen anzuheben. Viele bleiben dennoch erwerbstätig. Die aktuell diskutierte Aktivrente, die Erwerbseinkommen von Rentner*innen bis zu einem gewissen Betrag steuerfrei stellt, könnte daher für Grundrentenbeziehende eine interessante Option sein.“ Johannes Geyer

Durch die Einführung der Grundrente im Jahr 2021 wird langjährig Versicherten mit niedrigen Einkommen ein Zuschlag zur gesetzlichen Rente gewährt. Im Jahr 2024 haben rund 1,4 Millionen Empfänger*innen dadurch im Durchschnitt eine um 100 Euro höhere Rente erhalten. Aktuelle Daten der Deutschen Rentenversicherung zeigen, dass insbesondere Frauen vom Grundrentenzuschlag profitieren. Zugleich fällt auf, dass Personen mit Grundrentenanspruch überdurchschnittlich häufig auch während des Bezugs der Altersrente im Arbeitsmarkt aktiv bleiben. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um geringfügige Beschäftigungen. Für alle Rentner*innen wird beobachtet, dass sie besonders häufig weiterhin erwerbstätig sind, wenn sie noch im letzten Jahr vor Renteneintritt erwerbstätig waren. Unter Grundrentenbeziehenden ist der Anteil der Erwerbstätigen noch höher. Der Steuerfreibetrag der aktuell geplanten Aktivrente könnte positiv auf den Erwerbsumfang dieser Gruppe wirken und sollte entsprechend vom Einkommenstest ausgenommen werden. Zudem sollte die wachsende Zahl von Grundrentenempfänger*innen aufmerksam verfolgt werden. Politisch gilt es in erster Linie dafür zu sorgen, dass weniger Menschen nach einer langen Erwerbsbiografie von diesem Zuschlag abhängig sind.

Die Einführung des Grundrentenzuschlags im Jahr 2021 hatte zum Ziel, die Alterseinkommen von langjährig Versicherten mit unterdurchschnittlichem Einkommen anzuheben. Dabei betonte die Bundesregierung bei der Begründung vor allem die Lebensleistung der Begünstigten, der es Rechnung zu tragen gelte.infoZur Genese des Grundrentengesetzes vgl. Silvia Dünn, Claudia Bilgen und Sophie-Charlotte Heckenberger (2020): Das Grundrentengesetz. Deutsche Rentenversicherung 2020, Nr. 3, 325–346 (online verfügbar, abgerufen am 23. September 2025. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht, sofern nicht anders vermerkt). Anders als eine Mindestrente, wie es sie in anderen Ländern gibt,infoInternational gibt es eine Reihe von Ländern, die Mindestrenten beziehungsweise Grundrenten im eigentlichen Sinn gewähren. So etwa die Niederlande, Neuseeland, Schweden oder Großbritannien. In diesen Fällen garantiert der Staat unabhängig von der Erwerbshistorie eine Rente in bestimmter Höhe. Teilweise sind diese Grundrenten eher Mindestrenten (Schweden), wo die Rente grundsätzlich von der Erwerbsbiografie abhängt, aber dieser Mindestbetrag gewährt wird. Teilweise – wie in den Niederlanden – besteht die Rente nur aus dieser pauschalen Zahlung. stellt die Grundrente daher keinen pauschalen Mindestbetrag sicher, sondern erhöht individuelle Rentenansprüche durch einen einkommensgeprüften Zuschlag auf Grundlage von Entgeltpunkten und Versicherungszeiten (Kasten).infoNeben dem Zuschlag wurden Freibeträge für Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Wohngeld, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Sozialhilfe eingeführt. Die komplexe Prüfung der Ansprüche aller Renten im Rentenbestand dauerte bis Ende 2022.infoEntsprechend wurde der Grundrentenzuschlag erst im Laufe der Zeit an die Berechtigten ausgezahlt, auch rückwirkend. Deutsche Rentenversicherung Bund (2023): Einführung des Grundrentenzuschlags abgeschlossen. Pressemitteilung vom 20. Januar 2023 (online verfügbar).

Einen Anspruch auf den Grundrentenzuschlag haben Personen mit mindestens 33 Jahren an Grundrentenzeiten (§ 76g Abs. 3 SGB VI).infoZur Auflistung der anrechenbaren Monate in Abhängigkeit vom Renteneintrittsjahr siehe Dünn, Bilgen und Heckenberger (2020), a.a.O. Dazu zählen vor allem Beitragszeiten aus Erwerbstätigkeit, Kindererziehung oder Pflege. Der volle Zuschlag wird ab 35 Jahren gewährt. Nach der Ermittlung der Grundrentenzeiten erfolgt die Berechnung der Grundrentenbewertungszeiten. Berücksichtigt werden dabei nur Kalendermonate, in denen mindestens 0,025 Entgeltpunkte erworben wurden. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht dies einem Einkommen von 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten, was im Jahr 2024 etwa 1130 Euro pro Monat entsprach. Ein Grundrentenzuschlag wird zudem nur gewährt, wenn der durchschnittlich erzielte Entgeltpunktwert innerhalb dieser Bewertungszeiten unter 0,8 Entgeltpunkten pro Jahr liegt (80 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten).

Die genaue Höhe des Zuschlags richtet sich nach dem individuellen Durchschnitt an Entgeltpunkten in den Grundrentenbewertungszeiten, der Gesamtzahl der Monate mit Grundrentenzeiten und der Zahl der bewerteten Monate.infoFür eine detaillierte Betrachtung der Berechnung siehe: Johannes Geyer, Peter Haan und Michelle Harnisch (2020): Zur Wirkung der Grundrente und der Mütterrente auf die Altersarmut. Gutachten für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Nr. 7, Wiesbaden (online verfügbar). Der maximale Zuschlag liegt bei 12,25 Entgeltpunkten, was ab dem 1. Juli 2024 einem Aufschlag auf die Bruttorente von 481,67 Euro (ab Juli 2025: 499,68 Euro) entspricht. Allerdings liegt der Durchschnittszuschlag deutlich darunter, wie in der vorliegenden Analyse gezeigt wird.

Vor der Auszahlung des Grundrentenzuschlags erfolgt eine automatische Einkommensprüfung, bei der das zu versteuernde Einkommen zuzüglich steuerfrei gestellter Renten und Versorgungsbezüge sowie der den Pauschbetrag übersteigenden Kapitalerträge zugrunde gelegt wird (§ 97a Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Da das zu versteuernde Einkommen erst nach einer gewissen Zeit von der Steuerbehörde endgültig ermittelt wird, handelt es sich dabei nicht um das laufende Einkommen, sondern meist um Einkommen aus dem vorvergangenen Jahr (t-2). Der Grundrentenzuschlag selbst ist nicht Teil des zu versteuernden Einkommens. Bei dem Einkommenstest gelten dabei unterschiedliche Einkommensgrenzen für Alleinstehende (1438 Euro im Jahr 2025) und Ehepaare oder eingetragene Lebenspartnerschaften (2243 Euro im Jahr 2025). Übersteigt das Einkommen diesen Betrag, wird es zu 60 Prozent auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Liegt das Einkommen über 1840 Euro (Alleinstehende) oder 2646 Euro (Ehepaare/Lebenspartnerschaften) wird das Einkommen zu 100 Prozent angerechnet.infoDie Einkommensgrenzen ergeben sich als Vielfaches des aktuellen Rentenwerts, werden also jedes Jahr mit der Rentenanpassung angepasst.

Die Erfüllung der Wartezeiten der Grundrente beeinflusst zudem ergänzende Sozialleistungen aus der Grundsicherung, dem Wohngeld und der Sozialhilfe. So wurde in den genannten Transfersystemen ein Freibetrag für Einkommen aus der Rente eingeführt, wenn mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen.

Parallel zur Debatte über Altersarmut rückt auch die Erwerbsbeteiligung älterer Menschen stärker in den Fokus der rentenpolitischen Debatte. Eine häufig formulierte Hypothese ist, dass die steigende Erwerbstätigkeit Älterer auch durch ihre prekäre Einkommenslage erklärt werden kann. Das zeigt sich auch, wenn man nach den Motiven der fortgesetzten Erwerbstätigkeit fragt. So nennen insbesondere Rentner*innen mit niedrigem Haushaltseinkommen häufig finanzielle Motive als Grund für ihre Erwerbstätigkeit.infoSilke Anger, Annette Trahms und Christian Westermeier (2018): Erwerbstätigkeit nach dem Übergang in Altersrente: Soziale Motive überwiegen, aber auch Geld ist wichtig. IAB Kurzbericht 24 (online verfügbar); Laura Romeu Gordo et al. (2022): Rentnerinnen und Rentner am Arbeitsmarkt: Erwerbsarbeit im Ruhestand hat vielfältige Gründe – nicht nur finanzielle. IAB-Kurzbericht 8 (online verfügbar); Sascha Drahs-Walkemeyer (2024): Hinzuverdienst neben der Altersrente: Auf den Erwerbsstatus vor Rentenbeginn kommt es an. RV aktuell, Heft 2 (online verfügbar). Insgesamt ist jedoch die wissenschaftliche Evidenz dazu, was die Erwerbstätigkeit im Ruhestand bedingt, bislang begrenzt. Verschiedene Analysen deuten darauf hin, dass der Erwerbsstatus in den Jahren vor dem Renteneintritt einen erheblichen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Beschäftigung während des Rentenbezugs hat.

In diesem Wochenbericht werden aktuelle Daten zum Grundrentenbezug ausgewertet und damit frühere Analysen aktualisiert und erweitert.infoJohannes Geyer und Peter Haan (2024): Bilanz der Grundrente: Weniger Menschen als erwartet profitieren davon. DIW aktuell Nr. 91 (online verfügbar); Johannes Geyer (2024): Die Grundrente: Was ist das eigentlich?. In: Mythen der Sozialpolitik, Teil 5, WSI-Blog Work on Progress (online verfügbar). Zudem wird der Zusammenhang zwischen dem Grundrentenzuschlag und der Erwerbstätigkeit im Alter analysiert. Die Gruppe der Grundrentenbeziehenden weist dabei zwei interessante Merkmale auf: Erstens hat sie eine relative Nähe zum Arbeitsmarkt, da Berechtigte über eine lange Versicherungsbiografie verfügen müssen, und zweitens handelt es sich um einkommensschwache Personen, die also auch aus finanziellen Motiven auf Erwerbsarbeit angewiesen sein könnten. Die Grundlage bildet eine Auswertung administrativer Daten der Deutschen Rentenversicherung.infoForschungsdatenzentrum der Rentenversicherung (FDZ-RV) (2025): Aktiv Versicherte 2023, OSV.AKVS. 2023 (On-Site-Version 1.0); Rentenbestand 2022–2024, OSV.RTBN.2022–2024 (On-Site-Version 1.0); Rentenzugänge 2011–2023, OSV.RTZN.2011–2023 (On-Site-Version 1.0). 

Zahl der Grundrentenberechtigten im Rentenbestand steigt deutlich

Ende des Jahres 2024 erhielten rund 1,4 Millionen Personen im Rentenbestand einen Grundrentenzuschlag (Tabelle 1).infoGenau genommen handelt es sich um rund 1,4 Millionen Renten, die erhöht werden, nicht um ebenso viele Personen. Der Unterschied ergibt sich daraus, dass einzelne Personen mehrere Renten beziehen können und damit auch mehrere Grundrentenzuschläge erhalten. Dieser Fall betrifft jedoch nur einen kleinen Teil der Rentner*innen. Zur besseren Verständlichkeit wird im Folgenden vereinfachend von Personen gesprochen. Das entspricht 5,4 Prozent aller laufenden Renten der Gesetzlichen Rentenversicherung und bedeutet einen Anstieg von knapp zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr, in dem etwa 1,27 Millionen Personen einen Zuschlag erhielten (4,9 Prozent). Nachdem im Jahr 2022 noch weniger Menschen als ursprünglich prognostiziert vom Grundrentenzuschlag profitierten,infoGeyer und Haan (2024), a.a.O. übersteigt die aktuelle Zahl der Empfänger*innen mit rund 1,4 Millionen nun die anfangs erwarteten 1,3 Millionen Fälle.infoDeutscher Bundestag (2020): Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen und für weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Alterseinkommen (Grundrentengesetz). Bundestags-Drucksache 19/18473 (8. April 2020). Eine ähnliche Entwicklung kann man bei den Personen mit Grundrentenanspruch beobachten, die aufgrund des Einkommenstests keine Grundrente ausgezahlt bekommen. Diese Personengruppe ist seit Einführung der Leistung ungefähr so groß wie diejenige, die den Zuschlag ausgezahlt bekommt. Dementsprechend liegt die Gesamtzahl der Personen mit Grundrentenanspruch inzwischen bei etwa 2,75 Millionen (Tabelle 1). Ein Grund für diesen Trend ist die steigende Zahl neuer Rentner*innen. Die neuen Kohorten sind nicht nur größer, auch ein größerer Anteil der neuen Rentner*innen ist berechtigt, den Grundrentenzuschlag zu bekommen. Die älteren Kohorten sind auch aufgrund der mit dem Alter steigenden Mortalität kleiner und haben sich seltener für den Grundrentenzuschlag qualifiziert.infoJohannes Geyer (2025): Zwischen Leistungsausbau und sozialem Ausgleich – Verteilungseffekte aktueller Rentenreformen. Soziale Sicherheit 74(6), 20–25.

Tabelle 1: Grundrentenzuschlag und -anspruch nach Rentenart

Anzahl und Anteil nach Geschlecht 2024

Rentenart Männer (Tausend) Männer (Prozent) Frauen (Tausend) Frauen (Prozent) Gesamt (Tausend) Gesamt (Prozent)
Grundrentenzuschlag
Altersrente 278 3,3 942 8,9 1220 6,5
Erwerbsminderungsrente 19 2,5 48 4,9 67 3,8
Hinterbliebenenrente 33 3,7 80 1,8 113 2,1
Gesamt 330 3,3 1070 6,7 1400 5,4
Grundrentenanspruch
Altersrente 431 5,2 1972 18,7 2403 12,7
Erwerbsminderungsrente 25 3,3 85 8,8 111 6,3
Hinterbliebenenrente 100 11,3 134 3,0 234 4,3
Gesamt 556 5,6 2191 13,7 2748 10,5

Anmerkung: Die Anteile beziehen sich auf alle Renten der jeweiligen Rentenart am 31. Dezember 2024.

Quelle: Forschungsdatenzentrum der Rentenversicherung; eigene Berechnungen.

Wie in den Vorjahren wurden die meisten Zuschläge im Rahmen von Altersrenten gezahlt. Im Jahr 2024 entfielen mehr als 1,2 Millionen der Zuschläge und damit 87 Prozent auf diese Rentenart. Von allen Altersrentenbeziehenden erhielten 6,5 Prozent einen Grundrentenzuschlag, bei der Erwerbsminderungs- und der Hinterbliebenenrente waren es 3,8 beziehungsweise 2,1 Prozent.infoAufgrund der Voraussetzung von 33 Jahren an Wartezeiten können sich Erwerbsgeminderte vor dem 50. Lebensjahr nicht für den Grundrentenzuschlag qualifizieren.

Besonders Frauen profitieren von Grundrente

Beim Grundrentenbezug gibt es große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Im Jahr 2024 erhielten etwa 1,1 Millionen Frauen einen Grundrentenzuschlag, was rund 76,4 Prozent aller Zuschläge entsprach (Tabelle 1). Während 8,9 Prozent aller Frauen in Altersrente einen Grundrentenzuschlag bekamen, traf dies nur auf 3,3 Prozent der Männer mit Altersrente zu. Eine vergleichbare Diskrepanz zwischen Männern und Frauen zeigt sich auch bei den Erwerbsminderungsrenten. Bei den Renten für Hinterbliebene hingegen lag der relative Anteil der Männer mit Grundrentenzuschlag bei 3,7 Prozent und damit etwas höher als bei Frauen mit Hinterbliebenenrente (1,8 Prozent). Dies erklärt sich daraus, dass sich der Grundrentenanspruch des Mannes in diesem Fall aus dem Versicherungsverlauf der verstorbenen Partnerin ergibt.

Insgesamt spiegelt das deutliche Gefälle zwischen den Geschlechtern strukturelle Unterschiede in den Erwerbsverläufen wider. Viele Frauen verfügen trotz langer Versicherungszeiten nur über geringe, unterdurchschnittliche Einkommen, was sich auch in deutlich geringeren Rentenansprüchen niederschlägt (Gender Pension Gap).infoPeter Haan et al. (2025): Rentenansprüche von Frauen bleiben mit steigender Kinderzahl deutlich hinter denen von Männern zurück. DIW Wochenbericht Nr. 12, 183–189 (online verfügbar). Dies ist vor allem auf unterbrochene Erwerbsbiografien, schlechter bezahlte Jobs und den hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen (Gender Pay Gap).infoFiona Herrmann und Katharina Wrohlich (2025): Gender Pay Gap steigt in allen Bildungsgruppen mit dem Alter stark an. DIW Wochenbericht Nr. 10, 131–137 (online verfügbar). Seit Jahrzehnten lässt sich eine deutlich höhere Teilzeitquote bei erwerbstätigen Frauen beobachten (49 Prozent im Jahr 2024), während sie bei Männern nur rund zwölf Prozent betrug.infoStatistisches Bundesamt (2025): Fast jede zweite erwerbstätige Frau arbeitet in Teilzeit. Pressemitteilung Nr. 175 vom 19. Mai 2025 (online verfügbar); Svenja Pfahl, Eugen Unrau und Anika Lindhorn (2025): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2023. WSI GenderDatenPortal (online verfügbar). Langfristig resultiert aus diesen Teilzeitquoten ein hoher Anteil an Frauen mit langjähriger Erwerbstätigkeit und gleichzeitig dauerhaft niedrigen Einkommen. Jedoch zählen die Kinderberücksichtigungszeiten zu den Grundrentenzeiten, so dass Mütter selbst bei längeren Erwerbsunterbrechungen die Chance wahren, die Wartezeit von mindestens 33 Jahren zu erreichen.

Rund 50 Prozent erhalten keine Grundrente wegen zu hoher Einkommen

Der Frauenanteil fällt noch höher aus (79,8 Prozent), wenn nicht nur die tatsächlichen Grundrentenzahlungen, sondern die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen betrachtet werden (Kasten). Nur etwas mehr als die Hälfte der grundsätzlich knapp 2,75 Millionen anspruchsberechtigten Personen erhielt tatsächlich einen Zuschlag in Form zusätzlicher Entgeltpunkte (Abbildung 1). Der Anteil an Personen mit erfüllten Anspruchsvoraussetzungen, die keine Grundrente aufgrund des Einkommenstests ausgezahlt bekamen, war bei Frauen mit 51,2 Prozent deutlich höher als bei Männern (40,7 Prozent). Diese Differenz lässt sich vor allem durch geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede im Haushalt erklären. Frauen leben häufiger in Paarhaushalten, in denen das gemeinsame Einkommen eine Auszahlung des Zuschlags verhindert.

Rentner*innen in Ostdeutschland beziehen häufiger Grundrente

Neben den geschlechtsspezifischen Unterschieden lassen sich auch regionale Muster zwischen Ost- und Westdeutschland erkennen. Der Anteil der Rentner*innen mit Grundrentenzuschlag war im Jahr 2024 in den neuen Ländern höher als in den alten. Besonders ausgeprägt war der Unterschied bei Männern, deren Anteil in Ostdeutschland um über drei Prozentpunkte über dem westdeutschen Niveau lag (Tabelle 2). Bei Frauen fiel die Differenz mit gut einem Prozentpunkt geringer aus. Diese regionalen Unterschiede lassen sich zum einen dadurch erklären, dass in Ostdeutschland deutlich mehr Männer die Anspruchsvoraussetzungen für die Grundrente erfüllen als in Westdeutschland.infoDas liegt auch daran, dass ein Teil der (älteren) Berechtigten in Ostdeutschland den Zuschlag aufgrund der Regelungen in § 307f SGB VI erhält. Das betrifft eine Reihe von Sonderregelungen für Renten, die nach dem vor 1992 geltenden Bundesrecht berechnet wurden. Zum anderen wirkt sich die Einkommensanrechnung in Westdeutschland stärker aus als in Ostdeutschland. Während im Westen nur etwa 50 Prozent der Anspruchsberechtigten den Zuschlag nach der Einkommensprüfung erhielten, lag dieser Anteil im Osten bei rund 60 Prozent (ohne Tabelle).

Tabelle 2: Grundrentenzuschlag und -anspruch nach Region und Geschlecht

Anteil der Berechtigten in Prozent nach Rentenart im Jahr 2024

Rentenart / Region Grundrentenzuschlag Grundrentenanspruch
Männer Frauen Männer Frauen
Ostdeutschland
Altersrente 6,4 10,4 9,6 17,8
Erwerbsminderungsrente 5,9 5,4 7,7 8,0
Hinterbliebenenrente 3,9 2,4 10,3 4,5
Gesamt 6,1 7,9 9,5 13,6
Westdeutschland
Altersrente 2,7 9,0 3,6 19,4
Erwerbsminderungsrente 1,5 4,9 2,0 9,1
Hinterbliebenenrente 3,9 1,7 12,1 2,5
Gesamt 2,7 6,8 4,2 14,2

Anmerkung: Die Anteile beziehen sich auf alle Renten der jeweiligen Rentenart in der Region zum Stichtag 31. Dezember 2024.

Quelle: Forschungsdatenzentrum der Rentenversicherung; eigene Berechnungen.

Frauen erhalten höheren monatlichen Zuschuss

Im Jahr 2024 betrug der durchschnittliche monatliche BruttozuschlaginfoVom Bruttozuschlag werden noch Sozialversicherungsbeiträge (Pflege- und Krankenversicherung) und gegebenenfalls Einkommensteuern abgezogen. durch die Grundrente etwa 97 Euro. Männer erhielten im Durchschnitt 82 Euro, Frauen hingegen 102 Euro (Abbildung 2). Differenziert nach Rentenart war der Zuschlag bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Altersrenten höher als bei den Renten für Hinterbliebene. Bei einem durchschnittlichen monatlichen Rentenzahlbetrag von 990 Euro bei Grundrentenempfänger*innen stellte der Zuschlag von 97 Euro eine deutliche Erhöhung der individuellen Rente dar. Jedoch ist auch innerhalb der Gruppe der Empfänger*innen der Einkommenstest relevant. Nach Einkommensprüfung wird der Grundrentenzuschlag innerhalb dieser Gruppe im Durchschnitt um 72 Euro gemindert, das bedeutet, ohne Einkommensprüfung läge ihr Zuschlag im Mittel bei 170 Euro.

Da ein Großteil der berechtigten Personen nur einen sehr niedrigen Zuschlag erhielt, lag der MedianinfoDer Median (mittlerer Wert) teilt die Grundrentenempfänger*innen nach Höhe des Zuschlags sortiert in zwei gleich große Gruppen. Gegenüber dem Durchschnitt (arithmetischer Mittelwert) ist der Median robuster gegenüber Ausreißern. der Zuschläge bei beiden Geschlechtern unter dem jeweiligen Durchschnitt von 97 Euro, nämlich bei 85 Euro für Frauen und 61 Euro für Männer. Einzelne Rentner*innen erhielten Beträge von bis zu 464 Euro pro Monat (Abbildung 2).

Grundrentenanspruch geht häufig mit Erwerbstätigkeit einher

Trotz Bezug einer Altersrente bleibt ein erheblicher Teil der Rentner*innen zwischen 63 und 74 Jahren weiterhin beruflich aktiv. Im Jahr 2023infoDa die Versichertenstatistik für das Jahr 2024 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des DIW Wochenberichts noch nicht vorlag, wird die Erwerbstätigkeit auf Basis der Daten von 2023 analysiert. waren in dieser Altersklasse über 1,5 Millionen Rentner*innen erwerbstätig (Tabelle 3).infoAbweichend von früheren Auswertungen der DRV wird in dieser Analyse die unterjährige Beschäftigung berücksichtigt, nicht nur die Beschäftigung zum Stichtag (31. Dezember). Auf diese Weise lässt sich auch saisonale Erwerbsarbeit erfassen. Gleichzeitig erlauben es die Daten jedoch nicht, im Jahr des Renteneintritts bei geringfügiger Beschäftigung eindeutig zwischen Tätigkeiten vor und nach Rentenbeginn zu unterscheiden. Daher werden in diesem Jahr ausschließlich geringfügige Beschäftigungen einbezogen, die zum Stichtag 31. Dezember 2023 noch bestanden. Dies führt zu einer konservativen Schätzung der Erwerbstätigkeit im Rentenzugangsjahr. Das entspricht 17,4 Prozent aller Personen dieser Gruppe. Besonders verbreitet waren geringfügige Beschäftigungen mit über einer Million Personen (11,8 Prozent). Etwa 500000 Rentner*innen waren in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig (5,6 Prozent).

Tabelle 3: Erwerbstätigkeit der 63- bis 74-Jährigen in der Altersrente

In Anzahl und Anteil in der jeweiligen Gruppe im Jahr 2023

Beschäftigung Gesamt Grundrentenbeziehende Anspruchsberechtigt ohne Auszahlung Kein Anspruch
Tausend Prozent Tausend Prozent Tausend Prozent Tausend Prozent
Gesamt
Beschäftigung 1545 17,4 167 22,0 166 24,1 1212 16,3
Nur Minijob 1046 11,8 116 15,3 105 15,2 825 11,1
Mehr als geringfügig 500 5,6 51 6,7 62 8,9 387 5,2
Männer
Beschäftigung 797 19,3 41 23,9 27 31,5 729 18,9
Nur Minijob 527 12,8 27 15,7 15 18,4 484 12,5
Mehr als geringfügig 270 6,5 14 8,2 11 13,2 245 6,3
Frauen
Beschäftigung 748 15,7 126 21,5 140 23,1 483 13,5
Nur Minijob 519 10,9 89 15,2 89 14,7 341 9,5
Mehr als geringfügig 230 4,8 37 6,3 50 8,4 142 4,0

Anmerkungen: Die Anteile beziehen sich auf alle Personen der jeweiligen Gruppe im Alter von 63 bis 74 Jahre, die sich am 31. Dezember 2023 im Rentenbestand befanden. Anspruchsberechtigt ohne Auszahlung sind diejenigen, die aufgrund des Einkommenstests keinen Grundrentenzuschlag erhalten. Der Anteil der Erwerbstätigen beinhaltet keine Selbstständigen.

Quelle: Forschungsdatenzentrum der Rentenversicherung; eigene Berechnungen.

Dabei zeigt die deskriptive Auswertung der Beschäftigungsquoten einen klaren Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag und der fortgesetzten Erwerbstätigkeit. Unter den Empfänger*innen des Zuschlags lag die Erwerbsquote bei 22 Prozent und damit knapp fünf Prozentpunkte über dem Durchschnitt der Erwerbstätigkeit aller Rentenbeziehenden (Tabelle 3). Noch höher war der Anteil bei Personen, die zwar die Anspruchsvoraussetzungen erfüllten, aufgrund des eigenen oder des Einkommens der*s Partner*in jedoch keine Auszahlung erhielten. In dieser Gruppe waren 24,1 Prozent weiterhin erwerbstätig. Bei Personen ohne Anspruch lag die Quote mit 16,3 Prozent deutlich niedriger. Diese Differenz war vor allem bei Rentenbeziehenden im Alter unter 70 Jahren groß. In höheren Altersgruppen ab 70 Jahren verringerte sich der Abstand zunehmend, und die Beschäftigungsquoten näherten sich einander an (Abbildung 3).

Die Unterschiede in der Erwerbstätigkeit zeigen sich sowohl bei Minijobs als auch bei mehr als geringfügiger Beschäftigung. Der Anteil der Personen mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung lag bei Grundrentenempfänger*innen bei 6,7 Prozent und damit um 1,5 Prozentpunkte über dem Niveau der Personen ohne Anspruch. Auch wenn dieser Unterschied gering erscheint, beträgt der relative Abstand etwa 29 Prozent. Noch größer fiel der Unterschied bei Minijobs aus. Hier lag die Differenz bei 4,2 Prozentpunkten, was einem relativen Unterschied von etwa 38 Prozent entspricht.

Besonders häufig waren anspruchsberechtigte Personen ohne Grundrentenzahlung in einem Beschäftigungsverhältnis oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze tätig (knapp neun Prozent). Im Vergleich zu Personen ohne Anspruch, bei denen nur etwas mehr als fünf Prozent mehr als geringfügig beschäftigt waren, entspricht das einem relativen Unterschied von fast 72 Prozent. Dieser hohe Anteil könnte damit zusammenhängen, dass das Einkommen aus Erwerbsarbeit häufig oberhalb der Einkommensgrenzen liegt und dadurch eine Auszahlung des Grundrentenzuschlags verhindert wird.

Die höhere Erwerbsbeteiligung der Grundrentenbeziehenden lässt sich nicht durch den Bezug der Grundrente erklären. Theoretisch senkt der Grundrentenzuschlag sogar die Arbeitsanreize, da zusätzliches Einkommen den Anspruch verringern, wenn nicht ganz versagen kann.infoHinzu kommt, dass der Grundrentenzuschlag auch den Kreis der Berechtigten für Wohngeld und Grundsicherung erhöht, was wiederum negative Erwerbsanreize mit sich bringt. Darüber hinaus ist der Grundrentenzuschlag selbst einkommensgeprüft. Ein steuerpflichtiges Erwerbseinkommen könnte also negative Auswirkungen auf den Zuschlag haben, was wiederum die Erwerbsanreize senkt. Die hohe Erwerbsquote dürfte daher eher auf das zugrundeliegende Erwerbsprofil zurückzuführen zu sein. Darauf wird im Folgenden im Detail eingegangen. Gleichzeitig dürfte das weiterhin niedrige Einkommen eine wichtige Rolle spielen. Das bedeutet, dass Personen trotz Grundrentenbezug weiter auf Erwerbstätigkeit angewiesen sind.

Größerer Unterschied bei Erwerbstätigkeit von Frauen in Abhängigkeit vom Grundrentenanspruch

Die geschlechtsspezifische Auswertung der Erwerbstätigkeit neben dem Rentenbezug verdeutlicht strukturelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Insgesamt lag die Beschäftigungsquote unter Rentnern bei 19,3 Prozent und damit über der Quote von Rentnerinnen, die bei 15,7 Prozent liegt (Tabelle 3). Innerhalb der Gruppe mit Grundrentenzuschlag stieg die Erwerbstätigkeit bei Männern auf 23,9 Prozent und lag damit deutlich höher als in der Gruppe ohne Anspruch auf Grundrente (18,9 Prozent). Bei Frauen war der Unterschied zwischen den Gruppen noch ausgeprägter. 21,5 Prozent der Rentnerinnen mit Grundrentenzuschlag waren erwerbstätig, bei denjenigen ohne Anspruch lag der Anteil dagegen bei lediglich 13,5 Prozent. Weitergehende Analysen zeigen, dass Frauen ohne Grundrentenanspruch im Durchschnitt weniger Beitragsmonate aufweisen, da sie im Erwerbsverlauf nur begrenzt oder phasenweise auf dem Arbeitsmarkt aktiv waren. Die Erwerbsbiografie spielt demnach insbesondere bei Frauen eine zentrale Rolle für die Erwerbstätigkeit im Alter. Wichtig dafür dürften aber auch die geringen Einkommen von Rentnerinnen mit Grundrentenzuschlag sein.

Beschäftigung vor Rentenzugang bedeutsam für fortgesetzte Erwerbstätigkeit

Um die Erwerbstätigkeit im Rentenalter differenzierter analysieren zu können, wird die Auswertung im Folgenden um zwei zentrale Faktoren ergänzt. Zum einen werden regionale Unterschiede berücksichtigt, zum anderen wird der Beschäftigungsstatus im Jahr vor dem Renteneintritt einbezogen.infoDie Vorjahresbeschäftigung ist aus der Rentenzugangsstatistik ersichtlich. Diese Information liegt jedoch nur für 91,1 Prozent der betrachteten Altersgruppe vor. Im Folgenden wird daher ausschließlich die Gruppe betrachtet, für die entsprechende Angaben vorliegen (ohne Auslandsrenten).

Frühere Studien haben bereits die Bedeutung der Vorjahresbeschäftigung für die Wahrscheinlichkeit einer fortgesetzten Erwerbstätigkeit nach Rentenbeginn betont.infoDrahs-Walkemeyer (2024), a.a.O. Auch in den vorliegenden Daten zeigt sich ein klarer Zusammenhang. Während 26,2 Prozent der Personen, die im Jahr vor dem Rentenzugang erwerbstätig waren, auch in der Rente einer Beschäftigung nachgingen, lag dieser Anteil bei Personen ohne vorherige Beschäftigung lediglich bei 7,4 Prozent (Tabelle 4). Über 83 Prozent der beschäftigten Rentner*innen waren auch im Vorjahr des Renteneintritts aktiv.

Tabelle 4: Erwerbstätigkeit der 63- bis 74-Jährigen in der Altersrente nach Beschäftigungsstatus vor Renteneintritt

Anteil in Prozent im Jahr 2023

Gesamt Grundrentenbeziehende Anspruchsberechtigt ohne Auszahlung Kein Anspruch
Beschäftigt im Jahr vor Rente Nein Ja Nein Ja Nein Ja Nein Ja
Gesamt Beschäftigung 7,4 26,2 9,4 29,5 8,3 29,9 7,2 25,3
Nur Minijob 5,6 17,1 7,4 20,1 6,4 18,4 5,4 16,5
Mehr als geringfügig 1,8 9,1 2,0 9,4 2,0 11,5 1,8 8,8
Ostdeutschland Beschäftigung 7,3 20,3 9,5 23,8 11,1 26,5 6,9 19,0
Nur Minijob 5,2 12,8 6,6 16,3 7,2 16,1 4,9 11,9
Mehr als geringfügig 2,2 7,4 2,9 7,5 3,9 10,4 2,0 7,1
Westdeutschland Beschäftigung 7,4 27,9 9,4 31,6 7,7 30,6 7,2 27,0
Nur Minijob 5,7 18,3 7,8 21,5 6,2 18,9 5,5 17,8
Mehr als geringfügig 1,7 9,6 1,6 10,1 1,5 11,8 1,7 9,2

Anmerkungen: Die Anteile beziehen sich auf alle Personen im Alter von 63 bis 74 Jahre der jeweiligen Gruppe, die sich am 31. Dezember 2023 im Rentenbestand befanden. Anspruchsberechtigt ohne Auszahlung sind diejenigen, die aufgrund des Einkommenstests keinen Grundrentenzuschlag erhalten. Der Anteil der Erwerbstätigen beinhaltet keine Selbstständigen. Nicht in der Tabelle enthalten sind jene Rentner*innen, die nicht in den Rentenzugangsstatistiken 2011 bis 2023 enthalten sind.

Quelle: Forschungsdatenzentrum der Rentenversicherung; eigene Berechnungen.

Besonders deutlich wird der Unterschied bei Beschäftigungsverhältnissen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze. In dieser Gruppe setzten 9,1 Prozent der ehemals Beschäftigten eine mehr als geringfügige Tätigkeit auch in der Rente fort, während nur 1,8 Prozent der kurz vor der Rente nicht Erwerbstätigen neu in ein solches Beschäftigungsverhältnis einstiegen. Diese Muster lassen sich durch Unterschiede in Beschäftigungsanbindung, Qualifikation und Gesundheit sowie individuelle Präferenzen erklären.infoÄltere Nichterwerbstätige ohne Rentenbezug sind häufig nicht arbeitslos gemeldet und suchen überwiegend aus einer Reihe von Gründen (unter anderem fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten, Krankheit, dauerhafte Erwerbsminderung sowie persönliche Verpflichtungen) auch nicht nach Arbeit, vgl. Hermann Buslei, Johannes Geyer und Peter Haan (2024): Beschäftigungspotenziale Älterer – Umfang und Realisierungschancen bis 2035. Bertelsmann Stiftung, 35ff. (online verfügbar). Personen, die kurz vor Renteneintritt aktiv am Arbeitsmarkt teilnahmen, verfügen nicht nur über bessere institutionelle und soziale Anbindungen, sondern auch über aktuelle Berufserfahrung, was eine Weiterbeschäftigung erleichtert. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeit eines Wiedereinstiegs in den Arbeitsmarkt in der Rente bei zuvor Nichterwerbstätigen deutlich geringer und sinkt mit der Dauer der Nichtbeschäftigung.

Ein ähnliches Muster findet sich auch bei den Grundrentenbeziehenden. Allerdings wiesen sie in beiden Gruppen, unabhängig von der Erwerbstätigkeit kurz vor der Rente, höhere Beschäftigungsquoten auf als Personen ohne Anspruch. Bei den Beschäftigungsverhältnissen dominierten die Minijobs während des Rentenbezugs. Von den kurz vor Rentenbezug Erwerbstätigen, die Grundrente erhielten, waren rund 29,5 Prozent weiterhin beruflich aktiv, bei jenen ohne Anspruch lag dieser Wert bei 25,3 Prozent. Unter den kurz vor der Rente nicht Beschäftigten lag der Anteil der beruflich aktiven Grundrentenbeziehenden bei 9,4 Prozent, bei Personen ohne Anspruch bei lediglich 7,2 Prozent. Dies untermauert, dass die Erwerbshistorie einen erklärenden Einfluss über die Vorjahresbeschäftigung hinaus hat.

Im regionalen Vergleich zeigt sich, dass Rentner*innen in Westdeutschland etwas häufiger erwerbstätig blieben als diejenigen in Ostdeutschland. Dieser Unterschied bestand unabhängig vom Grundrentenstatus, betraf also sowohl Personen mit als auch ohne Zuschlagsanspruch. Eine differenzierte Betrachtung nach dem Beschäftigungsstatus im Jahr vor Renteneintritt zeigt jedoch, dass sich das leicht höhere Beschäftigungsniveau im Westen durch Unterschiede bei der Vorjahresbeschäftigung erklären lässt. Während die Beschäftigungsanteile bei Personen ohne Vorjahresbeschäftigung auf einer Höhe sind (7,3 Prozent Ost, 7,4 Prozent West), arbeiteten 27,9 Prozent der Westdeutschen mit Vorjahresbeschäftigung im Vergleich zu 20,3 Prozent der Ostdeutschen mit Vorjahresbeschäftigung (Tabelle 4).

Bei der Bewertung müssen dabei aber auch Unterschiede in der Arbeitsnachfrage betrachtet werden, die in den ostdeutschen Ländern geringer ist. Auch innerhalb dieser Auswertung waren die Beschäftigungsquoten bei Grundrentenbeziehenden konstant höher als bei Personen ohne Anspruch, wobei insbesondere eine Tätigkeit im Minijob regelmäßig höher ausfiel.

Fazit: Grundrente korreliert mit Erwerbstätigkeit – Weiterentwicklung entlang der Erwerbsrealitäten sinnvoll

Die im Jahr 2021 eingeführte Grundrente ist ein bisher wenig erforschtes Instrument der sozialen Sicherung. Die seit kurzem vorliegenden Daten ermöglichen erste Einschätzungen, ob die mit dem Instrument beabsichtigten Ziele erreicht werden und ob gegebenenfalls bereits jetzt nach- oder umgesteuert werden sollte. Aufgrund der engen Anforderungen an die Gewährung der Leistungen wird die Zielgruppe langjährig Versicherter mit niedrigen Renten bei gleichzeitiger Prüfung des Haushaltseinkommens konstruktionsbedingt erreicht.

Mit rund 1,4 Millionen Grundrentenbeziehenden und einem durchschnittlichen monatlichen Bruttozahlbetrag von etwa 100 Euro im Jahr 2024 (bei einem durchschnittlichen Rentenzahlbetrag von knapp 1000 Euro) hat das Instrument für die Alterssicherung insgesamt, aber auch für die einzelnen Berechtigten eine spürbare und zunehmende Bedeutung. Immerhin 6,5 Prozent aller Altersrenten werden aufgestockt. Gleichzeitig gehen Personen mit einer langen Versicherungsdauer, aber weniger als 33 Jahren an Grundrentenzeiten weiterhin völlig leer aus. Eine weitere Folge aus der Konstruktion des Grundrentenzuschlags ist, dass „Lebensleistung“ unterschiedlich bewertet wird. Wie die Analyse gezeigt hat, erhält ein hoher Anteil an Frauen, die aufgrund der eigenen Versicherungszeiten einen Anspruch auf die Grundrente hätten, diese wegen des zu hohen Haushaltseinkommens nicht oder sie wird gekürzt. Dies tritt in Westdeutschland häufiger auf als in Ostdeutschland. Durch die Einkommensprüfung steigt allerdings die Zielgenauigkeit des Grundrentenzuschlags zur Unterstützung von geringen Einkommen in der Rentenphase und zur Reduktion von Altersarmut.

Mit der Einführung des Grundrentenzuschlags ist die damalige Bundesregierung konzeptionell und organisatorisch einen neuen Weg gegangen, da zur Berechnung des Grundrentenzuschlags sowohl Informationen über die individuelle Erwerbsbiografie als auch zum Einkommen auf Haushaltsebene genutzt werden. Durch die Auszahlung der Grundrente über die Rentenversicherung ohne komplexes Antragsverfahren kommt es dabei nicht zu Problemen der fehlenden Inanspruchnahme, die bei der Grundsicherung im Alter nach Schätzungen erheblich ist.infoHermann Buslei et al. (2019): Starke Nichtinanspruchnahme von Grundsicherung deutet auf hohe verdeckte Altersarmut. DIW Wochenbericht Nr. 49, 909–917 (online verfügbar). Da die Grundrente damit einkommensschwache Haushalte besser erreicht und damit ein effektives Mittel zur Reduktion der Altersarmut ist, sollte der Anspruch auf Personen mit einer kürzeren Versicherungsdauer, die besonders vom Armutsrisiko betroffen sind, ausgeweitet werden. Denkbar wäre, dass sich der Anspruch bei geringerer Versicherungsdauer reduziert, so dass die „Lebensleistung“ weiterhin berücksichtigt wird.

Gleichzeitig muss die zunehmende Bedeutung des Grundrentenzuschlags von der Politik jedoch kritisch verfolgt werden. Eine steigende Zahl von Grundrentenempfänger*innen zeigt, dass die Erwerbsbiografien selbst bei kontinuierlichen Versicherungsverläufen kein ausreichend hohes Einkommen im Alter gewährleisten. Die Umverteilung nach dem Renteneintritt ist hier nicht die ideale Lösung, sondern mildert nur die Folgen von niedrigen Löhnen und geringem Erwerbsumfang. Das sind aber Felder, die in den Bereich der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik fallen.

Ein interessanter Befund ist, dass Grundrentenempfänger*innen häufiger arbeiten als die Gesamtheit der Rentner*innen – jedenfalls bis zum Alter von 74 Jahren. Ein naheliegender Grund hierfür könnte sein, dass das Einkommen dieser Personen selbst mit Zuschlag im Vergleich zum Durchschnitt der Rentner*innen knapp ist und sie arbeiten müssen. Andererseits arbeiten auch diejenigen Personen mehr, denen die Grundrente aufgrund des Einkommens nicht ausgezahlt wird. In jedem Fall folgt aus der Anspruchsvoraussetzung einer langen Erwerbsphase, dass insbesondere die berechtigten Frauen eine überdurchschnittliche Bindung an den Arbeitsmarkt hatten. Gerade diese Bindung, vor allem wenn sie bis zum Renteneintritt fortbesteht, erleichtert die weitere Erwerbsbeteiligung im Alter. Die aktuell geplante AktivrenteinfoStefan Bach et al. (2025): Aktivrente entlastet vor allem besserverdienende Rentner*innen – mit unsicheren Beschäftigungseffekten. DIW Wochenbericht Nr. 25, 395–402 (online verfügbar). könnte die Erwerbsbeteiligung entsprechend positiv beeinflussen, wenn der Steuerfreibetrag auch beim Einkommenstest der Grundrente ausgenommen würde.

Hermann Buslei

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

Johannes Geyer

Stellvertretender Abteilungsleiter in der Abteilung Staat

Peter Haan

Abteilungsleiter in der Abteilung Staat



JEL-Classification: H55;J22;J26
Keywords: Employment, Silver worker, Basic pension, Redistribution
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-41-1

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