DIW-Konjunkturprognose: Politische Richtungswechsel werden Spuren hinterlassen

  • Deutsche Wirtschaft steckt in Stagnation – im Jahresdurchschnitt auch 2025 kein Wachstum zu erwarten, drittes Jahr in Folge
  • Schwache Exporte, steigende Arbeitsplatzsorgen, ein auch deshalb verhaltener privater Konsum und wirtschaftspolitische Unsicherheit bremsen Konjunktur
  • Erholung in Trippelschritten erst ab Sommer, wenn Regierung gebildet ist, Arbeitsmarkt sich stabiler präsentiert und privater Konsum etwas anzieht
  • Zinssenkungen stützen Investitionen, hinzu dürfte Sondervermögen für Infrastruktur kommen – Wirtschaftswachstum 2026 damit wohl bei rund zwei Prozent, ohne zusätzliche Investitionen bei 1,1 Prozent
  • Weltwirtschaft hält Kurs, wenngleich US-Handelspolitik deutliche Spuren hinterlassen wird – Wachstum mit voraussichtlich 3,5 Prozent 2025 aber kaum geringer als 2024

„Sollten das geplante Sondervermögen für Infrastruktur und die zusätzlichen Gelder für Verteidigung tatsächlich kommen, wäre das natürlich ein Gamechanger für die deutsche Industrie und ein positives Signal für industrienahe Unternehmen.“ Geraldine Dany-Knedlik

Die deutsche Wirtschaft steckt in der Stagnation fest. Nach zwei Jahren mit einem jeweils leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts wird es unter dem Strich auch in diesem Jahr kein Wachstum geben. Schwache Exporte, zunehmende Arbeitsplatzsorgen, ein auch deshalb weiterhin verhaltener privater Konsum und wirtschaftspolitische Unsicherheit bremsen die Konjunktur. Die Industrie belasten strukturelle Anpassungsprozesse und die handelspolitischen Eskapaden des US-Präsidenten. Erst ab dem Sommer ist mit einer Erholung zu rechnen, allerdings nur in Trippelschritten. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden nach der anstehenden Regierungsbildung klarer sein, der Arbeitsmarkt wird sich stabilisieren und der private Verbrauch etwas anziehen. Weitere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank dürften die Investitionen stützen. Und hinzu kommt wahrscheinlich noch das Sondervermögen für die Infrastruktur, auf das sich CDU/CSU und SPD geeinigt haben. Selbst ohne dieses dürfte die deutsche Wirtschaft 2026 um 1,1 Prozent wachsen, mit dem Sondervermögen sogar um gut zwei Prozent. Die Weltwirtschaft hält bislang weitgehend ihren Kurs. Zwar wird die derzeitige US-Handelspolitik deutliche Spuren hinterlassen. Dennoch dürfte die Weltwirtschaftsleistung mit 3,5 Prozent in diesem und 3,6 Prozent im nächsten Jahr kaum weniger wachsen als im vergangenen Jahr.

Weltkonjunktur trotzt politisch unsicheren Zeiten

Die Weltwirtschaft hat im vergangenen Jahr kaum an Fahrt verloren und wuchs mit 3,9 Prozent ähnlich kräftig wie im Jahr 2023 (Abbildung 1). Der Boom in den USA hielt an und kompensierte dabei den schleppenden Aufschwung in vielen von der Energiekrise 2022/23 stark betroffenen Volkswirtschaften in Europa wie Deutschland oder Frankreich. Der Euroraum insgesamt konnte seine Erholung aber ebenfalls fortsetzen; dazu trugen vor allem Kaufkraftgewinne und ein stärkerer privater Konsum bei. Auch die Wirtschaft in den USA legte dank eines starken privaten Konsums wieder robust zu; die gesamtwirtschaftliche Dynamik kühlte sich aber zum Jahresende leicht ab. Die Schwäche im chinesischen Binnenmarkt hielt trotz einiger expansiver wirtschaftspolitischer Maßnahmen weiter an. Das von der Regierung gesetzte Wachstumsziel von fünf Prozent konnte nur durch einen starken Außenhandel zum Jahresende erreicht werden. Dabei ist die kräftige Ausweitung der chinesischen Exporte wohl vor allem auf Vorzieheffekte als Reaktion auf die Zollerhöhungen seitens der USA zurückzuführen.

Im vierten Quartal 2024 beschleunigte sich die globale Konjunktur etwas und legte nach 0,9 Prozent im dritten Quartal zuletzt um 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Grund dafür dürfte vor allem ein starkes Quartalsplus in China (1,6 Prozent) und in Japan (0,7 Prozent) dank starker Exporte sein, die wohl in Teilen auf Vorzieheffekte zurückzuführen sind.infoDie Vorzieheffekte zeigen sich auch in saisonbereinigten US-Daten. So haben die Importe aus China zum Jahresende zugenommen, vgl. die Daten zum internationalen Handel auf der Website des U.S. Census Bureau (online verfügbar, abgerufen am 6. März 2025. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht, sofern nicht anders vermerkt). Auch Indien (1,5 Prozent) sowie die mittel- und südosteuropäischen Länder (1,0 Prozent) legten im vierten Quartal stärker zu als noch im dritten Quartal.

Steigende Unsicherheiten über politische Richtungswechsel in bedeutenden Volkswirtschaften, wie die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und vorgezogene Wahlen in Deutschland, dämpften die Konjunktur allerdings vielerorts. So wuchs unter den fortgeschrittenen Volkswirtschaften die US-Wirtschaft mit 0,6 Prozent etwas schwächer als im dritten Quartal (0,8 Prozent). Haupttreiber blieben der starke private und staatliche Konsum. Auch das Wachstum im Euroraum entschleunigte sich im vierten Quartal und legte nur um 0,2 Prozent, nach 0,4 Prozent im dritten Quartal, zu. Dazu trugen vor allem Deutschlands und Frankreichs schwache Wirtschaftsleistung bei. Deutschlands Wirtschaft schrumpfte im vierten Quartal um 0,2 Prozent und blieb damit Schlusslicht unter den großen Euro-Ländern. Auch Frankreich rutschte durch eine Entschleunigung des privaten und öffentlichen Konsums mit minus 0,1 Prozent in die roten Zahlen. Italiens Wirtschaft stagnierte das zweite Quartal in Folge. Allerdings gab es mit Spanien auch im Euroraum eine Volkswirtschaft, die mit einem Wachstum von 0,8 Prozent weiter kräftig expandierte. Südkorea legte wie schon im dritten Quartal um nur 0,1 Prozent zu. Steigende Verunsicherung und Vertrauensverluste der dortigen Unternehmen und privaten Haushalte als Reaktion auf die politischen Streitigkeiten über die öffentlichen Haushalte und die anschließende Staatskrise dürften die Wachstumsschlappe erklären.

Auch in einigen Schwellenländern fiel das Wachstum im vierten Quartal gegenüber dem dritten Quartal etwas geringer aus. In Brasilien kühlte sich die Wirtschaft aufgrund der hohen Zinsen mit einem Plus von 0,5 Prozent relativ zum Vorquartal ab. Mexikos Wirtschaft schrumpfte sogar um 0,6 Prozent nach einem Wachstum von 1,1 Prozent im dritten Quartal. Dort führten die Zollandrohungen Trumps zu einem Rückgang der Direktinvestitionen von Unternehmen, die in Mexiko für den US-Markt produzieren.

Weltweit nimmt die Zuversicht in der Industrie seit Herbst des vergangenen Jahres zu. Die Stimmung bei den Dienstleistungsunternehmen trübt sich hingegen seit Ende 2024 vielerorts etwas ein, sodass die Unternehmen insgesamt etwas pessimistischer in die Zukunft blicken. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe weltweit überstieg im Januar die Expansionsschwelle von 50 Indexpunkten. Im Euroraum liegt der Stimmungsindikator mit rund 48 Punkten etwas darunter, aber auch hier hat sich die Stimmung der Industrie seit dem Jahreswechsel deutlich aufgehellt. In Japan und dem Vereinigten Königreich sind die Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe seit Jahresbeginn leicht pessimistischer geworden. Die sich verschlechternde Stimmung im Dienstleistungssektor zeigt sich am deutlichsten in den USA, wo der Einkaufmanagerindex für den Dienstleistungssektor seit Jahresbeginn um fast zehn Indexpunkte auf nun knapp unter 50 gefallen ist. Die Stimmung im Dienstleistungsbereich des Euroraums, Japans und Chinas hat sich hingegen nur leicht eingetrübt.

Die Handelspolitik der neuen US-Administration gestaltet sich bisher chaotisch. Sie ist gekennzeichnet durch das Androhen, Verhängen und Wiederaussetzen drastischer Zölle auch gegen enge Verbündete und hinterlässt bereits erste Spuren in der Volkswirtschaft. So sank die Konsument*innenzuversicht seit dem Amtsantritt Trumps deutlich, und auch die Aktienmärkte mussten erhebliche Verluste hinnehmen. Der durchschnittliche Zollsatz auf chinesische Warenimporte wurde um insgesamt 20 Prozentpunkte angehoben. Auch die Zollsätze auf kanadische und mexikanische Importe stiegen deutlich. Derzeit gibt es Ausnahmen für Waren aus dem bestehenden Freihandelsabkommen, doch ab Anfang April könnten Einfuhrzölle in Höhe von 25 Prozent auf sämtliche Importe aus Kanada und Mexiko folgen.

In dieser Prognose wird angenommen, dass die beschlossene Zollpolitik in Kraft bleibt und die Ausnahmen wie angekündigt nur kurzfristig gelten (Kasten 1). Androhungen, wie pauschale Zölle auf europäische Wareneinfuhren in die USA von 25 Prozent, liegen der Prognose nicht zugrunde, sondern stellen ein deutliches Risiko dar. Zusätzlich zu den bislang beschlossenen Zöllen schürt die unstete und widersprüchliche Kommunikation der US-Handelspolitik vermehrt vor allem bei Unternehmen Verunsicherung.

Nach dem zweiten Amtsantritt Trumps zu Beginn dieses Jahres hat sich der Grad des wirtschaftlichen Protektionismus der USA weiter erhöht. Die bereits in der DIW-Konjunkturprognose Winter 2024 angenommene Erhöhung beziehungsweise Einführung von Zöllen sind dabei bislang eingetroffen. So wurden die Einfuhrzölle auf chinesische Güter nach dem Amtsantritt um zehn Prozentpunkte angehoben.infoVgl. das entsprechende Dekret vom 1. Februar 2025 (online verfügbar). Auch die EU ist bereits zum Ziel verbaler Attacken des US-Präsidenten geworden. Die in der Winterprognose angenommenen Zölle auf Aluminium- und Stahlimporte in die USA sind am 12. März in Kraft getreten. Entgegen den Annahmen aus der Winterprognose werden künftig Zölle in Höhe von 25 Prozent statt zehn Prozent auch auf Aluminium erhoben. Zusätzlich dazu werden seit Anfang März dieses Jahres auch pauschale Zölle von 25 Prozent auf mexikanische und kanadische Güterimporte in die USA erhoben, wobei ein Teil der Zölle gegen Mexiko und Kanada nach nur wenigen Tagen wieder ausgesetzt wurde.infoEine Ausnahme gilt für Energieimporte aus Kanada, die mit nur zehn Prozent verzollt werden. Als US-Präsident Trump Anfang Februar die Einführung von Zöllen auf mexikanische und kanadische Güter in Höhe von 25 Prozent ankündigte, wurden diese im Zuge von Zugeständnissen Mexikos und Kanadas zunächst um einen Monat verschoben beziehungsweise ausgesetzt. Grund waren vor allem Zusagen der beiden Länder, die Grenzen besser zu sichern und die Migration effektiver zu begrenzen. Zudem wurde der Zollsatz auf chinesische Warenimporte um weitere zehn ProzentpunkteinfoVgl. das entsprechende Dekret vom 3. März 2025 (online verfügbar). auf nun durchschnittlich rund 40 Prozent angehoben. Kanada, die EU und China haben bereits Gegenmaßnahmen angekündigt, die in Kraft treten werden.

In dieser Prognose wird angenommen, dass alle beschlossenen Zölle in Kraft treten und temporäre Ausnahmeregeln keinen Bestand haben. Weitere angedrohte Zölle werden nicht berücksichtigt. Androhungen umfassen beispielsweise reziproke Zölle für alle importierten Produkte. Reziproke Einfuhrzölle bedeuten, dass die USA überall dort Zölle anheben, wo sie derzeit weniger verlangen als ihre Handelspartner. Diese sollen bis Mitte Mai seitens der US-Behörden identifiziert und implementiert werden. Diese reziproken Importzölle würden auch europäische Exporte in die USA betreffen. Auch die Ende Februar angedrohten Zölle von 25 Prozent auf Automobilimporte und alle weiteren Produkte aus der EU stehen im Raum. Diese würden insbesondere Deutschland empfindlich treffen.

Die Verschärfung der Handelshemmnisse seitens der USA hinterlassen bereits erste Spuren. US-Handelszahlen für Januar deuten darauf hin, dass die angekündigten Zölle zu Vorzieheffekten führten. Zum Jahresbeginn 2025 wurden die Einfuhren aus China, der Europäischen Union und Kanada deutlich ausgeweitet. Diese Zunahmen sind vermutlich teilweise auf vorgezogene Importe durch US-Unternehmen zurückzuführen, die drohende Zölle umgehen wollten. Zudem sind die Inflationserwartungen am aktuellen Rand in den USA erheblich angezogen. Auch auf den US-Aktienmärkten zeichnen sich nun Verwerfungen ab, nachdem Trump Anfang März Zölle auf mexikanische und kanadische Güter trotz angekündigter Verschiebung in Kraft gesetzt hat. Die pauschale Verzollung mexikanischer und kanadischer Waren dürfte zudem zu massiven Lieferkettenstörungen – auch für US-Produkte – führen, was wohl auch auf Widerstand der US-Firmen stoßen und deutliche finanzielle Einbußen für US-Haushalte nach sich ziehen dürfte.infoFür detaillierte Erläuterungen zu den Wirkungen der US-Zölle vgl. Geraldine Dany-Knedlik et al. (2024): DIW-Konjunkturprognose: Deutsche Wirtschaft dümpelt vor sich hin – Handelskonflikte bedrohen Weltwirtschaft. DIW Wochenbericht Nr. 50, 804 (online verfügbar). Sollten sich die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft verstärken, dürfte der Widerstand gegen die derzeitige Handelspolitik innerhalb der Republikanischen Partei wachsen und könnte den Präsidenten zu weiteren Zollrücknahmen bewegen. Je nach Umfang könnten die Rücknahmen die realwirtschaftlichen Folgen in den USA zumindest teilweise abmildern.

Die europäischen Aktienmärkte zeigten sich bisher unbeeindruckt und haben sich dieses Jahr besser entwickelt als viele Konkurrenten: Der EuroStoxx-50-Index stieg seit Jahresbeginn um fast neun Prozent, während der amerikanische S&P 500 seit Jahresbeginn nun knapp fünf Prozent im Minus liegt (Stand 12. März). Dazu trägt ein zunehmender Optimismus über die Entwicklung der Wirtschaft in der EU bei. Auch dürften Anleger*innen europäische Aktien gekauft haben, da die EU trotz Donald Trumps „America First“-Politik nicht sofort von neuen US-Zöllen betroffen war.

Zusätzlich zu den hier unterstellten steigenden Handelshemmnissen und entsprechenden Effekten dürften die verbalen handelspolitischen Angriffe von seiten der USA die Verunsicherung von Unternehmen stark steigen lassen. Die Planbarkeit von privaten Investitionen wird dadurch spürbar schwieriger.

US-Wirtschaft kühlt im ersten Quartal wohl deutlich ab

Die US-Handelspolitik und die erhöhten politischen Unwägbarkeiten werden die globale Konjunktur in der ersten Jahreshälfte wohl dämpfen. So dürfte im ersten Quartal die globale Wirtschaftsleistung um 0,8 Prozent wachsen. Die Wirtschaftsleistung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wird im ersten Quartal wohl lediglich um 0,2 Prozent zulegen und im laufenden Jahr nur langsam wieder Fahrt aufnehmen. Das liegt vor allem an einer konjunkturellen Abkühlung der US-Wirtschaft aufgrund der erheblichen Zollerhöhungen auf Importe. Im laufenden Quartal dürfte ein deutlicher Rückgang des privaten Konsums die wirtschaftliche Dynamik in den USA dämpfen. Vor allem die stark gestiegenen Inflationserwartungen belasten die Stimmung der Haushalte. Die erhöhte Unsicherheit durch die unvorhersehbare US-Handelspolitik dürfte zudem die Unternehmensinvestitionen ausbremsen. Die japanische Wirtschaft dürfte im ersten Quartal wachsen, wenngleich mit einer geringeren Rate als noch im vierten Quartal, weiterhin gestützt durch einen positiven Außenbeitrag und eine gestärkte Kaufkraft, die einer nachlassenden Inflation und hohen nominalen Lohnabschlüssen im Jahr 2024 zu verdanken ist.

Im Euroraum nimmt die Erholung nach dem Dämpfer im vierten Quartal nur langsam wieder Fahrt auf – ebenfalls gestützt durch den privaten Konsum und einen robusten Arbeitsmarkt. Dabei wuchsen die Volkswirtschaften im Euroraum zum Teil in recht unterschiedlichem Tempo. Das Wachstum in Spanien ist aufgrund geringer Energiepreissteigerungen und gleichzeitig recht deutlich zulegender Nominallöhne besonders stark. Frankreich dürfte im ersten Quartal 0,2 Prozent zulegen, wobei das Wachstum auf vorgezogene Exporte in die USA zurückzuführen ist. Deutschland hingegen dürfte auch im ersten Quartal nicht vom Fleck kommen. Im Vereinigten Königreich wird die Wirtschaft aufgrund einer gedämpften Binnennachfrage mit 0,1 Prozent wohl nur schwach zulegen.

Die Schwellenländer werden im ersten Quartal 2025 wohl um 1,0 Prozent wachsen, wobei insbesondere Indien und China positiv zum Wachstum beitragen dürften. In China ist dies vor allem einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik sowie anhaltender Investitionen in den High-Tech-Sektor zu verdanken, was den realwirtschaftlichen Verwerfungen der US-Zölle im laufenden Jahr zumindest wohl teilweise entgegenwirken wird.

Die Geldpolitik dürfte in diesem Jahr global weniger re-striktiv ausgerichtet sein und somit das Wirtschaftswachstum nicht mehr bremsen. Die Notenbanken vieler fortgeschrittener Volkswirtschaften wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder die Bank of England werden im laufenden Jahr vorerst letzte Zinssenkungen vornehmen (Kasten 2), weil sich die Inflationsraten wieder auf niedrigeren Niveaus stabilisieren dürften. Gestützt wird diese Entwicklung von nur moderat steigenden Nahrungsmittelpreisen und vielerorts weiterhin rückläufigen Energiepreisen. Im Euroraum dürfte sich die Inflationsrate noch dieses Jahr beim Zwei-Prozent-Ziel der EZB einpendeln. In den USA hingegen ist die Inflationsrate immer noch deutlich erhöht. Sie lag im Februar bei 2,8 Prozent. Aufgrund der erheblichen Zollerhöhungen gegenüber China, Mexiko und Kanada dürfte der Preisdruck im laufenden Jahr sogar noch weiter zunehmen und erst 2026 zurückgehen. Die Verknappung des Arbeitskräfteangebots dürfte ebenfalls preistreibend wirken. Es wird erwartet, dass die US-Notenbank bis zum Sommer keine weiteren Zinssenkungen vornehmen wird. Die japanische Zentralbank hält hingegen an ihrem restriktiven Kurs fest und erhöhte den Leitzins im Januar von 0,25 auf 0,5 Prozent. Die chinesische Zentralbank verfolgt wegen deflationärer Tendenzen weiterhin eine lockere Geldpolitik.

Der Prognose liegen Annahmen zum Verlauf der Leitzinsen, Wechselkurse und Rohstoffpreise zugrunde (Tabelle). Diese Annahmen basieren auf bisherigen Entwicklungen, den Preisen an den Terminmärkten sowie den Schlussständen zum Stichtag der Prognose am 14. Februar 2025.

Tabelle: Annahmen dieser Prognose

2023 2024 2025 2026
EZB-Einlagezins1 (Jahresende) Prozent 4,0 3,0 2,0 2,0
EZB-Leitzins (Jahresende) Prozent 4,5 3,15 2,15 2,15
Geldmarktzins EURIBOR-Dreimonatsgeld in Prozent 3,4 3,6 2,1 2,0
Kapitalmarktzins Rendite für Staatsanleihen im Euroraum mit zehnjähriger Restlaufzeit 3,3 3,0 3,1 3,1
Kapitalmarktzins Rendite für Staatsanleihen in Deutschland mit zehnjähriger Restlaufzeit 2,6 2,4 2,5 2,5
Wechselkurs US-Dollar/Euro 1,08 1,08 1,05 1,05
Erdölpreis US-Dollar/Barrel 82,5 80,5 74,5 70,7
Gaspreis Euro/Megawattstunde 42,1 34,5 51,2 40,9

1 Die EZB steuert die Wirtschaft aktuell über die Einlagefazilität, nicht den Hauptrefinanzierungssatz (Leitzins).

Anmerkung: Jahresdurchschnittswerte, sofern nicht anders angegeben.

Quellen: Europäische Zentralbank; European Money Markets Institute (EMMI); Eurex Exchange; Deutsche Bundesbank; Federal Reserve; Energy Information Administration (EIA); Intercontinental Exchange (ICE); CME Group; DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Die Inflation im Euroraum hat sich weiter entschleunigt und im Wesentlichen im Einklang mit den Projektionen der Zentralbank entwickelt. Nach einer weiteren Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) um 25 Basispunkte Anfang März wird angenommen, dass sie den begonnenen Pfad fortsetzt und zwei weitere Zinssenkungen zu jeweils 25 Basispunkten vornimmt. Zum Ende der Zinssenkungen im Sommer dürfte der Einlagesatz zwei Prozent betragen.

Im Einklang mit den Leitzinsen dürften auch die Geldmarktzinsen weiter zurückgehen. Die Normalisierung der Geldpolitik zeichnet sich in sinkenden Refinanzierungskosten für Unternehmen und Kreditkosten für Haushalte ab. Für die Prognose wird angenommen, dass diese Kreditzinsen im Einklang mit der geldpolitischen Lockerung weiter fallen werden. Die Renditen auf zehnjährige Staatsanleihen sind gegen Ende des vergangenen Jahres wieder leicht gestiegen, wobei die Zinsdifferenz zwischen den zehnjährigen Staatsanleihen Deutschlands und des Euroraums stabil blieb. Es wird angenommen, dass die Kapitalmarktzinsen über den Prognosehorizont weitestgehend unverändert bei jeweils 2,5 Prozent und 3,1 Prozent für Deutschland und den Euroraum liegen werden.

Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar zuletzt im Vergleich zum vierten Quartal 2024 leicht aufgewertet. Für den Prognosezeitraum wird angenommen, dass der Wechselkurs des Euro auf dem zum Datenschluss erreichten Niveau von 1,05 US-Dollar pro Euro verbleibt. Der Preis für Brent-Rohöl wird laut Futures in den kommenden Monaten leicht steigen, bevor er ab dem kommenden Jahr und bis zum Ende des Prognosezeitraums wieder sinken wird. In diesem Jahr dürfte der Preis im Durchschnitt bei rund 75 US-Dollar liegen und dann im Jahr 2026 auf 71 US-Dollar pro Barrel fallen. Die Großhandelspreise für Gas (TTF) sind im Laufe des Jahres 2024 gestiegen. Im Jahr 2025 dürften sie im Schnitt 51 Euro je Megawattstunde betragen, bevor sie zum Schlussquartal 2025 und über das Jahr 2026 wohl sinken werden. Im kommenden Jahr dürften sie bei 41 Euro je Megawattstunde liegen. Ein kalter Winter, ein Auslaufen des Transitabkommens mit Gazprom und leere Gasspeicher, die bis November zu den gesetzlich vorgegebenen Füllständen erhöht werden müssen, wirken im Jahr 2025 preistreibend. Im Jahr 2026 werden weitere Angebotskapazitäten beispielsweise aus Katar erwartet, was für Entspannung auf dem europäischen Gasmarkt sorgen dürfte. Dieser Prognose liegen zudem handelspolitische Annahmen zugrunde (Kasten 1).

Die Finanzpolitik ist in den meisten Volkswirtschaften leicht expansiv ausgerichtet. In den USA dürften vor allem die geplanten Verlängerungen der Steuererleichterungen für Haushalte und Unternehmen aus Trumps erster Amtszeit sowie hohe Militärausgaben die Staatsschulden erhöhen. Die Kündigungswellen im öffentlichen Dienst dürften die Verschuldung etwas geringer ausfallen lassen. Auch die Finanzpolitik des Vereinigten Königreichs wird durch das von der Labour-Regierung verabschiedete Herbst-Budget wohl expansiv sein. Die Finanzpolitik im Euroraum dürfte hingegen über den Prognosezeitraum moderat restriktiv bleiben. Einige Mitgliedsländer wie Italien müssen sich weiterhin bemühen, die Haushaltsdefizite zu reduzieren. Aufgrund der geopolitischen Entwicklungen stehen zurzeit EU-Förderungen für Militärausgaben sowie Ausnahmeregelungen bei den europäischen Verschuldungskriterien für diese Ausgaben zur Debatte, die noch keine Annahmen dieser Prognose bilden.

Durch geopolitische Krisen und die unstete US-Handelspolitik ist seit Winterbeginn die Unsicherheit global deutlich gestiegen. Einige medienbasierte Unsicherheitsindizes liegen nun deutlich über den Niveaus der Coronapandemie – vor allem in Volkswirtschaften nahe den geopolitischen Krisenherden. Anfang März sind auch Einbrüche auf den Aktienmärkten zu erkennen (Abbildung 2). Die stark gestiegene Unsicherheit und die wachsenden Handelshemmnisse dürften die Investitionstätigkeit der Unternehmen belasten und somit die Belebung des Welthandels ausbremsen. Insgesamt dürfte der Welthandel um 2,1 Prozent im Jahr 2025 und um 2,0 Prozent im Jahr 2026 zulegen.

US-Handelspolitik bremst Weltwirtschaft in diesem und nächsten Jahr

Die Weltwirtschaft wird ihr Expansionstempo im weiteren Prognoseverlauf wohl verringern. Die zunehmenden Handelshemmnisse dürften die Konjunktur in den betroffenen Volkswirtschaften ausbremsen. In den USA wird erwartet, dass die Handelspolitik Trumps und die damit verbundene Unsicherheit zu einer Abkühlung des privaten Konsums und niedrigeren Unternehmensinvestitionen führen wird. Im Euroraum nimmt die Erholung im kommenden Jahr wohl leicht Fahrt auf, große Sprünge sind allerdings nicht zu erwarten. Weitere Kaufkraftgewinne werden wohl zusammen mit einer allmählichen Erholung des Verarbeitenden Gewerbes und günstigeren Refinanzierungsbedingungen der binnenwirtschaftlichen Konjunktur Schwung verleihen. Die gestiegene Verunsicherung und die zunehmenden Handelshemmnisse belasten zwar auch die europäische Wirtschaft, allerdings dürften Zollasymmetrien und ein damit einhergehender Anstieg des Handelsvolumens mit Nordamerika die negativen Konsequenzen ausgleichen. Auch die Wirtschaft im Vereinigten Königreich wird sich wohl über den Prognosehorizont weiter beleben. Die expansive Fiskalpolitik dürfte hier die Nachfrage stützen.

Die Aussichten für die Schwellenländer haben sich aufgrund der jüngsten US-Zollpolitik eingetrübt. Vor allem China dürfte unter dem gebremsten Außenhandel leiden, wodurch sich die chinesische Wirtschaft wohl verlangsamen wird. Die höheren Zölle und die dadurch erwartete Aufwertung des US-Dollar dürften die Wirtschaftsleistung in vielen Schwellenländern belasten. Sie werden wohl auch aufgrund der höheren Zölle mit weniger ausländischen Direktinvestitionen rechnen.

Für dieses Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und von 4,5 Prozent in den Schwellenländern erwartet (Tabelle 1). Für die globale Wirtschaft wird mit einer Wachstumsrate von 3,5 Prozent im Jahr 2025 und 3,6 Prozent im Jahr 2026 gerechnet. Die Prognose fällt damit trotz gestiegener Handelshemmnisse und politischer Verwerfungen lediglich um jeweils 0,1 Prozentpunkte schwächer aus als noch in der Winterprognose 2024.

Tabelle 1: Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in der Weltwirtschaft

In Prozent

Bruttoinlandsprodukt Verbraucherpreise Arbeitslosenquote in Prozent
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent
2023 2024 2025 2026 2023 2024 2025 2026 2023 2024 2025 2026
Europa
Europäische Union 0,6 1,0 1,5 1,8 6,4 2,6 2,4 2,3 6,0 6,0 5,8 5,7
Euroraum1 0,5 0,8 1,1 1,3 5,4 2,4 2,1 1,9 6,6 6,4 6,2 6,1
ohne Deutschland 1,2 1,4 1,3 1,5 5,0 2,2 2,0 1,9 8,3 7,8 7,6 7,6
Frankreich 1,1 1,1 0,8 1,4 5,7 2,3 1,8 1,8 7,3 7,4 7,4 7,5
Italien 0,8 0,5 0,8 1,0 5,9 1,1 1,9 2,0 7,7 6,5 6,5 6,4
Spanien 2,7 3,2 2,5 2,1 3,4 2,9 2,3 1,9 12,2 11,3 10,5 10,2
Niederlande 0,1 0,9 2,1 1,8 4,1 3,2 2,4 2,0 3,6 3,7 3,6 3,6
Vereinigtes Königreich 0,4 0,9 0,8 1,5 7,3 2,5 2,6 2,1 4,1 4,3 4,4 4,1
Schweiz 0,7 1,3 1,4 1,7 2,1 1,1 0,3 1,1 4,0 4,4 4,7 4,3
Mittel- und Südosteuropa (MOE) 0,5 1,9 2,9 3,2 11,5 4,0 3,4 3,1 3,6 3,7 3,5 3,4
Türkei 5,1 3,0 2,7 3,3 54,0 58,5 35,6 29,8 9,4 8,7 8,7 8,6
Russland2 3,3 4,1 1,6 1,0 5,9 8,5 6,8 4,6 3,2 2,5 2,4 2,4
Amerika
USA 2,9 2,8 1,8 2,0 4,1 3,0 3,5 2,8 3,6 4,0 4,0 3,9
Mexiko 3,3 1,3 -0,3 0,1 5,5 4,7 4,1 3,2 2,8 2,7 2,9 3,0
Brasilien 3,2 3,1 2,3 2,0 4,6 4,4 3,9 3,1 8,0 6,9 6,8 6,9
Asien
Japan 1,5 0,1 1,1 0,9 3,3 2,7 2,4 1,6 2,6 2,5 2,4 2,2
Südkorea 1,4 2,1 1,8 2,2 3,6 2,3 1,8 1,9 2,7 2,8 3,0 3,0
China 5,2 5,0 4,5 4,3 -1,7 0,0 0,8 1,1 5,2 5,1 5,0 5,0
Indien 7,8 6,1 6,3 6,5 5,7 4,9 5,4 4,1 8,1 8,0 7,9 7,7
Total
Fortgeschrittene Volkswirtschaften 1,8 1,8 1,5 1,7 4,6 3,3 3,3 2,7 4,4 4,5 4,4 4,3
Schwellenländer 5,5 4,9 4,5 4,5 4,2 5,7 5,3 4,7 6,2 6,0 5,9 5,8
Welt 4,0 3,9 3,5 3,6 4,2 3,9 4,0 3,4 5,8 5,7 5,6 5,5
Nachrichtlich:
Exportgewichtet3 3,0 2,9 2,5 2,7
BIP in USD gewichtet4 3,3 3,2 3,0 2,9

1 Die Zuwachsraten für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Euroraum sind zusätzlich zu Saisoneffekten noch um Kalendereffekte bereinigt.

2 Die für Russland prognostizierten Daten sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Russland hat nur geringes Gewicht in der Gesamtprognose.

3 Gewichtung der Welt mit den Anteilen an den deutschen Ausfuhren über das Jahr 2024.

4 Gewichtung der Welt mit dem BIP in US-Dollar über die Jahre 2023 bis 2026.

Anmerkungen: Die schwarzen Zahlen sind abgerechnete Zahlen. Die Werte der Ländergruppen sind ein gewichteter Durchschnitt, wobei für die Gewichtung des BIP und der Verbraucherpreise das jeweilige BIP in Kaufkraftparitäten aus dem IMF World Economic Outlook für die Jahre 2023 bis 2026 verwendet wird. Für die Gewichtung der Arbeitslosenzahlen in den Ländergruppen wird die Erwerbsbevölkerung (15 bis 64 Jahre) des jeweiligen Landes für das Jahr 2023 verwendet. MOE besteht aus: Polen, Rumänien, Tschechien und Ungarn.

Quellen: Nationale statistische Ämter; DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Die Prognose der Weltwirtschaft ist derzeit mit besonderer Unsicherheit behaftet. Zum einen ist das Risiko hoch, dass die US-Handelspolitik noch deutlich protektionistischer ausfällt, als in dieser Prognose unterstellt, beispielsweise durch die Erhebung eines pauschalen Zollsatzes auf EU-Einfuhren von 25 Prozent (Kasten 1). Sollte dies eintreten, könnten erhebliche Verwerfungen der Weltwirtschaft die Folge sein. Höhere Zölle würden auch in den USA den Preisdruck stärker als erwartet treiben, was höhere Zinsen und ein geringeres Wachstum nach sich ziehen dürfte. Sollte Trump infolgedessen die Unabhängigkeit der US-Notenbank unterminieren, könnte es weltweit zu Turbulenzen auf den Finanzmärkten kommen.infoVgl. Warwick J. McKibbin, Megan Hogan und Marcus Noland (2024): International Economic Implications of a Second Trump Presidency. Peterson Institute for International Economics. Working Paper 20 (online verfügbar). Da die realwirtschaftlichen Spuren der Zollpolitik Trumps in den USA bereits sichtbar werden, könnte es auch zu einer Rücknahme oder einem Aussetzen bestehender Zölle kommen. Dies würde die realwirtschaftlichen Effekte begrenzen und die Wirtschaftsleistung auf dem amerikanischen Kontinent würde besser ausfallen als in dieser Prognose unterstellt.

Neben handelspolitischen Risiken haben auch die geopolitischen Risiken stark zugenommen. Die deutliche Distanzierung der USA von einer Absicherung der Ukraine und Europas hat die geopolitische Weltordnung neu definiert. Sollte dies zu den aus sicherheitspolitischer Sicht wünschenswerten Erhöhungen der Verteidigungsausgaben in Europa führen, würde die europäische Finanzpolitik deutlich expansiver ausgerichtet werden als angenommen und die Wirtschaftsleistung deutlich stärker ausfallen als hier prognostiziert. Durch eine weitere Eskalation im Nahen Osten könnte die Weltwirtschaft allerdings schwächer als prognostiziert wachsen, bedingt durch stark steigende Preise für Öl und Gas. Ein Aufwärtsrisiko stellen fallende Energiepreise dar, weil die USA durch die Abwendung vom Pariser Klimaabkommen das Angebot an Gas und Öl erhöhen könnten. Dies berücksichtigt jedoch nicht die langfristigen negativen Folgen für den Klimawandel.

Deutsche Wirtschaft steckt noch in Stagnation

Neuwahlen und die anstehende Regierungsbildung in Deutschland, handels- sowie geopolitische Richtungswechsel der USA: Die politischen Unwägbarkeiten treffen die deutsche Wirtschaft in einer fragilen Lage.infoDatenstand dieser Prognose ist der 10. März 2025. Ausführliches Zahlenmaterial zur Prognose der deutschen Wirtschaft ist im Online-Anhang unter www.diw.de/konjunkturzahlen zu finden. Die Industrie hat sich seit der Corona-Pandemie nicht wieder vollständig erholt, was neben konjunkturellen auch strukturelle Gründe hat. Dazu zählen ein härterer internationaler Wettbewerb, höhere Energiepreise und der Fachkräftemangel. Im vergangenen Jahr schrumpfte die deutsche Wirtschaft bereits das zweite Jahr in Folge und ist damit definitionsgemäß in einer Rezession. Mit Rückgängen des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent im Jahr 2023 und von 0,2 Prozent im Jahr 2024 steckt die deutsche Wirtschaft aber wohl eher in einer Stagnation fest (Abbildung 3). Die Trump-Administration hat seit ihrem Amtseintritt verdeutlicht, dass die USA in wirtschafts- und geopolitischer Hinsicht kein verlässlicher Partner für Europa mehr sind. Von der deutschen Wirtschaftspolitik, die sich seit den Streitigkeiten innerhalb der Ampelkoalition im vergangenen Herbst und aufgrund der erst bevorstehenden neuen Regierungsbildung aktuell im Stillstand befindet, geht kein spürbarer Aufwind für die deutsche Wirtschaft aus. Weichenstellend könnten die von CDU/CSU und SPD bereits während ihrer Sondierungsgespräche anvisierten Investitionen in die Infrastruktur und die Aufweichung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sein. Erstere würden, so sie umgesetzt werden, spürbare Impulse entfalten, jedoch frühestens zum kommenden Jahreswechsel. Allerdings könnten die bereitgestellten Gelder zumindest moderat auch den Inflationsdruck erhöhen.infoVgl. Geraldine Dany-Knedlik, Alexander Kriwoluzky und Malte Rieth (2025): Sondervermögen für Infrastruktur: 500-Milliarden-Euro-Investitionspaket würde deutsche Wirtschaft aus der Krise holen. DIW aktuell Nr. 111 (online verfügbar).

Vorerst stottert die deutsche Konjunktur weiter. Die Wirtschaftsleistung ist im Schlussquartal des vergangenen Jahres erneut geschrumpft, um 0,2 Prozent (Tabelle 2). Besonders kritisch war es um den deutschen Außenhandel bestellt. Die Warenexporte gingen im vierten Quartal im Vorquartalsvergleich das zweite Mal in Folge massiv zurück. Dabei lastete eine weiterhin stark rückläufige Nachfrage aus China, aber auch aus den USA auf den deutschen Warenausfuhren. Besonders die Automobilbranche hatte zum Jahresende mit erheblichen Absatzrückgängen in beiden Märkten zu kämpfen. Weniger drastisch, aber dennoch spürbar gingen auch die Exporte deutscher Maschinenbauunternehmen zurück. Somit setzt sich die Schwäche exportierender Industrieunternehmen fort, die mit sinkender Wettbewerbsfähigkeit und steigender Konkurrenz aus dem Ausland konfrontiert sind. Abgefedert haben die Schwäche der Exporte ins nichteuropäische Ausland moderat gestiegene Ausfuhren „Made in Germany“ nach Europa, die rund die Hälfte der deutschen Exporte insgesamt ausmachen. Gleichzeitig legten die Importe, vor allem dank starker Dienstleistungseinfuhren, etwas zu, sodass der Außenhandel insgesamt erneut negativ zur deutschen Wirtschaftsleistung beitrug.

Tabelle 2: Quartalsdaten zur Entwicklung der Verwendungs- und Entstehungskomponenten des realen Bruttoinlandsprodukts in Deutschland

In Prozent (jeweils gegenüber dem Vorquartal, saison- und kalenderbereinigt)

2024 2025 2026
I II III IV I II III IV I II III IV
Privater Verbrauch 0,2 −0,1 0,2 0,1 0,0 0,1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,2 0,2
Öffentliche Konsumausgaben 0,1 1,9 1,5 0,4 −0,5 0,1 0,3 0,3 0,2 0,2 0,2 0,3
Bruttoanlageinvestitionen 0,3 −2,0 −0,5 0,4 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,6 0,6 0,6
Bauten 0,7 −2,1 −0,5 1,0 −0,4 0,2 0,1 0,3 0,4 0,4 0,5 0,6
Ausrüstungen −0,8 −3,2 −1,2 −0,3 0,9 0,1 0,5 0,7 0,8 0,8 0,9 0,8
Sonstige Investitionen 1,4 0,6 0,6 −0,2 0,6 0,7 0,9 0,7 0,7 0,6 0,5 0,4
Lagerveränderung1 −0,2 0,2 0,8 0,7 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0
Inländische Verwendung 0,1 0,1 1,2 1,0 −0,1 0,2 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3
Außenbeitrag 0,2 −0,4 −1,1 −1,2 0,0 −0,1 0,0 0,0 −0,1 −0,1 −0,1 −0,1
Export 1,5 0,2 −1,9 −2,2 0,4 0,0 0,2 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3
Import 1,1 1,2 0,6 0,5 0,3 0,2 0,3 0,4 0,5 0,5 0,6 0,5
Bruttoinlandsprodukt 0,2 −0,3 0,1 −0,2 0,0 0,1 0,2 0,3 0,2 0,2 0,2 0,2
Bruttowertschöpfung −0,4 −0,3 −0,4 −0,3 0,0 0,1 0,2 0,3 0,2 0,2 0,2 0,2
Verarbeitendes Gewerbe −0,1 −0,7 −1,4 −0,6 0,0 0,0 0,2 0,3 0,2 0,2 0,2 0,2
Baugewerbe 2,3 −3,2 −1,3 −0,9 −0,3 0,2 0,3 0,4 0,4 0,4 0,4 0,5
Handel, Gastgewerbe, Verkehr 0,5 −0,8 −0,1 0,5 0,1 0,2 0,3 0,4 0,3 0,3 0,2 0,2
Unternehmensdienstleister −0,3 0,2 −0,6 −0,3 −0,2 0,0 0,2 0,3 0,2 0,2 0,1 0,1
Öffentliche Dienstleistungen, Erziehung, Gesundheit 0,5 0,4 1,4 0,3 0,1 0,1 0,2 0,2 0,1 0,1 0,1 0,1

1 Wachstumsbeitrag in Prozentpunkten.

Anmerkung: Prognose ab dem ersten Quartal 2025.

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Dem schwachen Außenhandel stand im vierten Quartal zwar eine gestiegene inländische Verwendung gegenüber – allerdings vor allem, weil viele Güter auf Lager produziert wurden. Konsum und Investitionen stützten die Wirtschaftsleistung insgesamt hingegen kaum (Abbildung 4). Die Bruttoanlageinvestitionen legten leicht zu: Während die Ausrüstungsinvestitionen erneut zurückgingen, stiegen vor allem die Bauinvestitionen überraschend deutlich. Dies dürfte an der milden Witterung im Spätherbst gelegen haben: Insbesondere die Wirtschaftsbauinvestitionen, die einen großen Anteil am witterungsabhängigen Tiefbau haben, wurden stark ausgeweitet. Auch der private Verbrauch nahm etwas zu, konnte allerdings keine große Dynamik entfalten. Zwar hat sich die Inflation stabilisiert und die Reallöhne sind im vergangenen Jahr kräftig gestiegen. Die Kaufkraftgewinne wurden angesichts der kränkelnden Wirtschaftslage und des im Vergleich zu Vorkrisenzeiten stark gestiegenen Preisniveaus allerdings kaum wahrgenommen. So hielten sich die privaten Haushalte zum Jahresende vor allem bei größeren Anschaffungen zurück. Stabilisiert wurde die Wirtschaftsleistung von der öffentlichen Hand: Sowohl der Konsum als auch die Investitionen des Staates legten im Schlussquartal merklich zu. Dies dürfte primär an Ausgaben im Rahmen des Sondervermögens Bundeswehr sowie der Ausweitung der Beschäftigung im öffentlichen Sektor gelegen haben.

Die schwache wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich immer mehr auf dem Arbeitsmarkt nieder (Tabelle 3) und verschärft die Sorgen der privaten Haushalte um einen Arbeitsplatzverlust. Insgesamt ist der Beschäftigungsaufbau zuletzt zum Erliegen gekommen. Zuwächse waren lediglich im öffentlichen Sektor zu verzeichnen, während die Zahl der Erwerbstätigen im Produzierenden Gewerbe und bei den unternehmensnahen Dienstleistern merklich gesunken ist. Zum Jahresende ist die Arbeitslosigkeit weiter gestiegen – insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit nahm erneut zu. Die schlechten Signale vom Arbeitsmarkt haben diejenigen privaten Haushalte, die es sich leisten können, wohl dazu veranlasst, als Vorsorge für eventuell schlechte Zeiten einen merklichen Teil ihres Einkommens auf die hohe Kante zu legen. Den Haushalten mit einem bereits hohen Arbeitseinkommen fiel im letzten Jahr wohl ein noch höherer Anteil zu, was die Einkommensungleichheit leicht erhöht hat (Kasten 3). So blieb die Sparquote auch zum Jahresende mit saisonbereinigten 11,5 Prozent hoch.

Tabelle 3: Eckdaten zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland

2024 2025 2026
Bruttoinlandsprodukt1 −0,2 0,0 1,1
Erwerbstätige2 (1000 Personen) 46082 46041 46071
Arbeitslose (1000 Personen) 2787 2898 2874
Arbeitslosenquote BA3 (in Prozent) 6,0 6,2 6,1
Verbraucherpreise4 2,2 2,1 2,0
Lohnstückkosten5 5,5 3,2 1,8
Finanzierungssaldo des Staates6
in Milliarden Euro −118,8 −107,0 −101,7
in Prozent des nominalen BIP −2,8 −2,4 −2,3
Leistungsbilanzsaldo
in Milliarden Euro 248,7 193,2 186,6
in Prozent des nominalen BIP 5,8 4,4 4,1

1 Preisbereinigt. Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent.

2 Inlandskonzept.

3 Arbeitslose in Prozent der zivilen Erwerbspersonen (Definition gemäß der Bundesagentur für Arbeit).

4 Veränderung gegenüber dem Vorjahr.

5 Im Inland entstandene Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmerstunde bezogen auf das reale Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde.

6 In Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG).

Anmerkung: Prognose ab dem Jahr 2025.

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Das DIW Berlin hat ein Modell entwickelt, mit dem die Arbeitseinkommensungleichheit bis an den aktuellen Rand prognostiziert werden kann (sogenannter Nowcast). Dabei werden jährlich vorliegende mikroökonomische Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) mit einer Vielzahl höherfrequenter gesamtwirtschaftlicher Indikatoren und Arbeitsmarktindikatoren sowie den aktuellen DIW-Konjunkturprognosen in einem makroökonometrischen Modell kombiniert, um so die durchschnittlichen Arbeitseinkommen verschiedener Einkommensgruppen fortzuschreiben. Auf Basis der Modellergebnisse kann unter bestimmten Verteilungsannahmen eine Arbeitseinkommensverteilung für die Gesamtbevölkerung erstellt werden.

Die SOEP-Daten liegen aktuell bis zum Jahr 2022 (Welle v39) vor. Somit wird das Modell genutzt, um die Entwicklung der Ungleichheit für die Jahre 2023, 2024 und 2025 zu schätzen. Dabei beruht die Schätzung für 2024 ausschließlich auf abgerechneten makroökonomischen Daten, während der Nowcast für das aktuelle Jahr auch die Konjunkturprognose des DIW Berlin beinhaltet.

Die Modellergebnisse zeigen, dass sich die Arbeitseinkommen ab 2023 wieder etwas ungleicher über die erwerbstätige Bevölkerung verteilen, nachdem die Ungleichheit vor allem in der Corona-Pandemie, aber auch während der Energiekrise kontinuierlich abgenommen hat (Abbildung).infoVgl. Markus M. Grabka (2025): Einkommensverteilung: Anzeichen für Trendbruch beim Armutsrisiko – Alleinerziehende seltener von Armut bedroht. DIW Wochenbericht Nr. 8, 103–113 (online verfügbar). Der Gini-Koeffizient steigt von 0,375 im Jahr 2023 auf knapp unter 0,38 in den Jahren 2024 und 2025 und zeigt damit eine leicht steigende Ungleichheit an. Dass die Ungleichheit vor allem 2023, aber auch in den folgenden Jahren zunimmt, dürfte in erster Linie daran liegen, dass die mittleren bis topverdienenden Haushalte von den Lohnverhandlungen und entsprechend kräftigen Reallohnzuwächsen nach der Energiekrise profitiert haben. Dies legt auch nahe, dass die finanzpolitische Ausrichtung in Deutschland einen Anstieg der Arbeitseinkommensungleichheit zumindest nicht verhindern konnte.infoVgl. Christian Bayer et al. (2023): Makroökonomische Effekte der finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Entlastungspakete I - III sowie des wirtschaftlichen Abwehrschirms. DIW Politikberatung kompakt vom 12. Mai 2023 (online verfügbar). Erkennen lässt sich das auch daran, dass die Einkommensverhältnisse zwischen Spitzen- und Niedrigverdienenden (P90/10) sowie zwischen der Mitte und dem unteren Ende der Verteilung (P50/10) im Jahr 2023 ebenfalls steigen und auf diesem Niveau in etwa bleiben.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt spiegelt auch die Produktionsrückgänge in den Industriezweigen zum Jahresende wider. Das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete im vierten Quartal bereits den siebten Rückgang in Folge, und auch im Baugewerbe schlugen erneut Produktionseinbußen zu Buche. Die industrielle Rezession schwappt immer mehr auf die unternehmensnahen Dienstleister über, die ebenfalls eine geringere Wertschöpfung auswiesen. Konsumnahe und öffentliche Dienstleister weiteten ihre Wertschöpfung im vierten Quartal dagegen leicht aus und stabilisierten die Bruttowertschöpfung insgesamt etwas. Dennoch fiel diese insgesamt um 0,3 Prozent niedriger aus als im vorherigen Quartal.

Unsicherheit bremst auch im ersten Quartal

Der Verlust der USA als verlässlichen politischen Partner stellt die künftige Bundesregierung vor große Bewährungsproben. Die Frage, wie diese Herausforderungen im Detail angegangen werden sollen, sorgen mit Blick auf die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland für anhaltende Unsicherheit. Wie erwartet geht der wiedergewählte US-Präsident Donald Trump seine Handelspolitik aggressiv an und droht damit, den globalen Handel auf den Kopf zu stellen. Zwar dürften viele seiner angekündigten Zollmaßnahmen lediglich als Verhandlungsmasse genutzt werden, dennoch bedrohen potenzielle Einfuhrzölle beispielsweise auf Automobile und pharmazeutische Erzeugnisse die Wirtschaftlichkeit und verringern die Planbarkeit zukünftiger Geschäfte deutscher (Export-)Unternehmen (Kasten 1). Hinzu kommt, dass sich Deutschland durch den Richtungswechsel der US-amerikanischen Außenpolitik sicherheitspolitisch unabhängig(er) von den USA aufstellen muss. So haben die potenziellen Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD Anfang März bereits angekündigt, dass sie Verteidigungsausgaben, die mehr als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen, von den Regeln der Schuldenbremse ausnehmen wollen.infoCDU, CSU und SPD (2025): Ergebnisse der Sondierungen. 8. März (online verfügbar). Gleichzeitig hat die EU-Kommission signalisiert, dass die europäischen Fiskalregeln für Militärausgaben gelockert werden sollen. Zudem plant die potenziell künftige Bundesregierung ein Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen in Höhe von 500 Milliarden Euro. Auch wenn die Pläne in dieser Form noch nicht mehrheitsfähig sind, um die nötige Grundgesetzänderung zu beschließen, deuten sich hier alles in allem Mehrausgaben für öffentliche Investitionen in historischem Umfang an. Da diese Maßnahmen zum Zeitpunkt dieser Prognose aber noch nicht beschlossen sind, orientiert sich die hier unterstellte Finanzpolitik am Haushaltsplan der vorherigen Regierung aus dem Herbst 2024. Die potenziellen Effekte des Infrastruktur-Sondervermögens auf das Bruttoinlandsprodukt, die privaten Investitionen, den privaten Konsum und die Inflation wurden in einer separaten Studie des DIW Berlin abgeschätzt.infoVgl. Dany-Knedlik, Kriwoluzky und Rieth (2025), a.a.O.

Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich die Stimmung seit Herbst vergangenen Jahres etwas verbessert. So ist der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes seit September merklich um knapp sechs Indexpunkte gestiegen, liegt aber mit gut 46 im Februar noch unter der Expansionsschwelle von 50. Die Stimmung bei den Dienstleistungsunternehmen hat sich zuletzt hingegen etwas eingetrübt.

Trotz der insgesamt etwas besseren Stimmung werden vor allem die außen- und innenpolitischen Unwägbarkeiten die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Quartal ausbremsen. Das Produzierende Gewerbe wird nur verhalten anziehen. Die Dienstleistungsbereiche dürften nicht zum Wachstum der Wertschöpfung beitragen.

Arbeitsmarktindikatoren lassen darauf schließen, dass die Beschäftigung sinken wird, während die Arbeitslosigkeit wohl zunächst weiter leicht steigt. Zwar dürften die Löhne zulegen,infoZu Beginn des Jahres 2025 sind die Tarifverträge für mehr als 2,6 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen ausgelaufen. Die Gewerkschaften fordern eine Erhöhung der Entgelte im Volumen von acht Prozent, mindestens aber monatlich 350 Euro für eine Laufzeit von zwölf Monaten. allerdings mit geringeren Raten als im vergangenen Jahr. Die Inflation wird sich wohl weiter stabilisieren, unter anderem dank der leicht rückläufigen Energiepreise. Insgesamt ist mit weiteren Kaufkraftgewinnen der privaten Haushalte zu rechnen, wenngleich in geringerem Ausmaß als zuvor. Diese dürften sich jedoch kaum unmittelbar in Zuwächsen des privaten Konsums niederschlagen – zu hoch ist aktuell die Verunsicherung der Menschen, die ihr Geld zunächst wohl weiter eher auf die hohe Kante legen werden. Entsprechend dürfte die Sparquote deutlich erhöht bleiben. Auch der Staatskonsum wird aufgrund der noch bestehenden vorläufigen Haushaltsführung wohl vorübergehend leicht an Dynamik verlieren und das Bruttoinlandsprodukt dämpfen.

Neben der schlappen Entwicklung des privaten Konsums kommen auch die privaten Investitionen zunächst kaum vom Fleck. Der starke Zuwachs zum Jahresende 2024 hat die Dynamik in der Bauwirtschaft aufgrund von Sondereffekten überzeichnet, sodass für die ersten drei Monate 2025 mit einer Gegenbewegung bei den Bauinvestitionen zu rechnen ist. Während der Rückgang im Wohnungsbau eher moderat ausfallen dürfte, haben die eisigen Temperaturen im Februar wohl insbesondere die Tiefbauproduktion – und damit vor allem die Wirtschaftsbauinvestitionen – behindert, die die Gesamtentwicklung zuletzt stabilisierte. Ein leicht positiver Impuls ist derweil von den Ausrüstungsinvestitionen zu erwarten. Hier sind die Auftragseingänge im Dezember kräftig gestiegen und deuten für das laufende Quartal, auch gestützt durch eine starke Nachfrage der öffentlichen Hand, einen Zuwachs an. Davon dürften die Warenimporte profitieren, die zu Jahresbeginn wohl etwas zulegen und für einen Zuwachs der Importe insgesamt sorgen werden. Auch die Exporte dürften sich nach den starken Rückgängen im vergangenen halben Jahr leicht erholen. Dabei könnte der deutschen Exportwirtschaft ein Anstieg der Unternehmensinvestitionen im europäischen Ausland zugutekommen – laut Statistiken der Europäischen Zentralbank (EZB) hat sich die Nachfrage nach Unternehmenskrediten dort zuletzt etwas erholt. Da für Aus- und Einfuhren jeweils mit Zuwächsen in ähnlichen Größenordnungen zu rechnen ist, dürfte der Außenbeitrag das Wachstum der Wirtschaftsleistung im laufenden ersten Quartal aber weder positiv noch negativ beeinflussen (Tabelle 4).

Tabelle 4: Beiträge zur Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland

In Prozentpunkten (preisbereinigt)

Veränderungsbeiträge1
2024 2025 2026
Konsumausgaben 0,9 0,5 0,8
Private Haushalte 0,1 0,2 0,6
Staat 0,8 0,3 0,2
Bruttoanlageinvestitionen −0,5 0,0 0,5
Bauten −0,3 0,0 0,2
Ausrüstungen −0,4 0,0 0,2
Sonstige Anlagen 0,2 0,1 0,1
Vorratsveränderungen 0,0 1,0 0,0
Inländische Verwendung 0,3 1,5 1,4
Außenbeitrag −0,6 −1,5 −0,2
Exporte −0,5 −0,9 0,7
Importe −0,1 −0,6 −0,9
Bruttoinlandsprodukt2 −0,2 0,0 1,1

1 Verwendungsaggregate abzüglich ihres Importgehalts.

2 Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent; Abweichungen in den Summen durch Runden der Zahlen.

Anmerkung: Prognose ab dem Jahr 2025.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Erholung ab dem Sommer in Trippelschritten

In den kommenden Monaten ist mit einer allmählichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zu rechnen. Die Voraussetzung dafür ist, dass sich die Stimmung der Unternehmen und privaten Haushalte infolge der klareren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland weiter aufhellt. Mit einer leichten Stabilisierung des Arbeitsmarktes, also steigenden Beschäftigten- und sinkenden Arbeitslosenzahlen, dürfte der private Verbrauch wieder etwas anziehen – nicht zuletzt, weil die Haushalte dann zumindest einen Teil ihrer aufgebauten Ersparnisse ausgeben werden. Gleichzeitig sind weniger kräftige Reallohnsteigerungen als im vergangenen Jahr zu erwarten, sodass die Dynamik der Konsumausgaben im historischen Vergleich wohl verhalten bleiben wird.

Trotz der sinkenden Zinsen bleibt die Geldpolitik in diesem Jahr wohl restriktiv ausgerichtet. Angenommen wird, dass das neutrale Zinsniveau in etwa Mitte 2026 erreicht wird. Die günstigeren Finanzierungsbedingungen stützen die Entwicklung der Investitionstätigkeit. Die Bauinvestitionen dürften ihre Talsohle durchschritten haben und im Prognoseverlauf allmählich wieder anziehen. Während Investitionen in die Infrastruktur wohl weiter stabil laufen und die Bautätigkeit insgesamt stützen werden, ist auch für den Wohnungsbau eine leichte Erholung zu erwarten. Dort haben sich die Auftragseingänge zuletzt auf niedrigem Niveau stabilisiert, bei der Neukreditvergabe ist ein leichter Aufwärtstrend zu erkennen. Auch die abgeschwächte Preisentwicklung dürfte die Nachfrage anschieben. Die Ausrüstungsinvestitionen werden ab der zweiten Jahreshälfte wohl ebenfalls etwas zulegen. Bestimmend bleiben dabei Ausgaben der öffentlichen Hand und insbesondere aus dem Sondervermögen Bundeswehr, das über die kommenden Jahre mehr und mehr zum Tragen kommen dürfte.

Klammert man größere Impulse der öffentlichen Hand durch Infrastruktur- und Rüstungsaufträge aus, dürften die strukturellen Veränderungen durch höheren Wettbewerb, hohe Energiepreise und demografischen Wandel die Erholung der deutschen Wirtschaft im Prognoseverlauf ausbremsen. Dies wird wohl insbesondere das Verarbeitende Gewerbe und unternehmensnahe Dienstleister betreffen, die angesichts einer allmählichen Erholung der globalen Industrieproduktion nur langsam an Dynamik gewinnen dürften.infoZu den Herausforderungen für die Industriepolitik siehe Tomaso Duso, Martin Gornig und Alexander Schiersch (2025): Wettbewerbsorientierte strategische Industriepolitik als Antwort auf den Investitionsstau in Deutschland. DIW aktuell Nr. 109 (online verfügbar). Damit einhergehend wird wohl auch der Außenhandel weiterhin auf der Stelle treten. Zwar dürften sich die deutschen Ausfuhren stabilisieren und von der allmählichen Belebung der Unternehmensinvestitionen insbesondere im europäischen Ausland profitieren. Im globalen Umfeld eines wuchernden Protektionismus sowie der weiter abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen – insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe gegenüber chinesischen Produzenten – ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass die heimische Exportwirtschaft zu alter Stärke zurückfinden wird. Insgesamt dürfte der Außenhandel in den kommenden Monaten damit das Wirtschaftswachstum sogar etwas abschwächen.

Ohne das angekündigte Sondervermögen für Infrastruktur und die höheren Verteidigungsausgaben ist die Finanzpolitik annahmegemäß im gesamten Prognosezeitraum moderat restriktiv ausgerichtet (Kasten 4). Auf das Bruttoinlandsprodukt dürfte die Finanzpolitik daher ebenfalls leicht negativ wirken, wobei vor allem Unternehmen belastet werden, zum Beispiel durch die Erhöhung des CO2-Preises im Brennstoffemissionshandel und das Auslaufen von Abschreibungsregeln, die Investitionen begünstigen. Mit Blick auf die Haushaltsseite ist der Effekt der fiskalischen Maßnahmen heterogen: Auf Haushalte mit geringem Einkommen wirken kaum Impulse, während Haushalte mit hohem Einkommen leicht profitieren. Letzteren kommt insbesondere die Verschiebung der Tarifeckwerte bei der Einkommensteuer zugute, wohingegen sie die Anhebung der Sozialbeiträge in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung proportional zu ihrem Einkommen stärker trifft (Kasten 5). Insgesamt werden sich die Fehlbeträge im gesamtstaatlichen Haushalt mit –2,4 Prozent in Relation zur Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr (–2,8 Prozent) leicht verbessern und im kommenden Jahr mit –2,3 Prozent weiter zurückgehen. Bereinigt um die Konjunkturkomponente und Zinszahlungen ergibt sich somit ein strukturelles Primärdefizit in Relation zum potenziellen Bruttoinlandsprodukt von –0,6 Prozent im laufenden und –0,7 Prozent im kommenden Jahr, nach –1,1 Prozent im Jahr 2024 (Abbildung 5).

Die Finanzpolitik war im vergangenen Jahr restriktiv ausgerichtet. Dies ging vor allem auf die Rückführung krisenbedingter Entlastungs- und Stabilisierungsmaßnahmen, die im Zuge der Corona- und Energiekrise aufgesetzt worden waren, zurück (Tabelle). Da die von CDU/CSU und SPD anvisierten Investitions- und Verteidigungsausgaben noch nicht beschlossen sind, werden diese entsprechend den finanzpolitischen Annahmen nicht betrachtet. Demnach sendet im laufenden Jahr insbesondere die zum Jahreswechsel ausgelaufene Inflationsausgleichsprämie noch restriktive Impulse. Darüber hinaus sorgen in den Jahren 2025 und 2026 vor allem Beitragserhöhungen der Sozialversicherungen für eine restriktive Ausrichtung der Einnahmenseite. Auf der Ausgabenseite gleichen sich nach aktuellem Stand Mehrausgaben und Einsparungen hingegen nahezu aus. Aufgrund der noch ausstehenden Koalitionsbildung für eine neue Bundesregierung ist die Ausrichtung der Finanzpolitik im Prognosezeitraum mit hoher Unsicherheit behaftet. Es deutet sich allerdings durch das im Raum stehende Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und die Aufhebung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben über ein Prozent des Bruttoinlandsprodukt an, dass expansive Maßnahmen in den nächsten Jahren wohl die Oberhand gewinnen werden.

Tabelle: Finanzpolitische Maßnahmen: Be- (−) und Entlastungen (+) des gesamtstaatlichen Haushalts

In Milliarden Euro (gegenüber dem Vorjahr)

2025 2026
Einnahmen der Gebietskörperschaften
Jahressteuergesetz 2022 1,0 −1,1
Inflationsausgleichsgesetz (Anpassung Einkommenssteuertarif) −2,4 −1,0
Anhebung Grund- und Kinderfreibeträge 2024 −3,3 1,3
steuerliche Freistellung Existenzminimum, Ausgleich kalte Progression, Anhebung Kinderfreibeträge −5,4 −4,4
Abgabenfreiheit Inflationsausgleichsprämie 5,1 0,0
Jahressteuergesetz 2024 −0,8 0,3
Wegfall Begünstigung Agrardiesel 0,2 0,1
Erhöhung Luftverkehrabgabe 0,2 0,0
Absenkung der Stromsteuer 0,0 3,3
temporäre Usatzsteuersenkung auf Gas 1,0 0,0
temporäre Umsatzsteuersenkung in der Gastronomie 0,5 0,0
Erlöse Brennstoffemissionshandel (BEHG) 3,2 3,0
Wegfall Spitzenausgleich Stromsteuer 0,0 0,0
Degressive AfA (Zweites und Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) 5,0 3,8
Anhebung LKW-Maut 0,5 0,2
Wachstumschancengesetz −2,1 −0,7
Anhebung der Tabaksteuer 0,9 0,8
Zukunftsfinanzierungsgesetz −0,2 −0,1
Globale Mindestbesteuerung (Säule 2) 0,0 1,0
Sonstige steuerliche Maßnahmen 0,0 0,2
Einnahmen der Sozialversicherungen
Erhöhung durchschnittlicher Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung 8,5 4,0
Erhöhung Beitragssatz in der gesetzlichen Pflegeversicherung 2,3 0,0
Abgabenfreiheit Inflationsausgleichsprämie 7,1 0,0
Ausgaben der Gebietskörperschaften
Strom- und Gaspreisbremsen, Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte 1,3 0,0
Hilfen für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen (Energiekrise) 0,0 0,0
Einmalzahlungen an Rentner und Studierende 0,0 0,0
Zuschuss für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise 0,0 0,0
Sondervermögen KTF (ohne EEG) 3,5 0,2
Einführung Bürgergeld 0,0 0,0
Kürzungen beim Bürgergeld 0,1 0,0
Wohngeldreform −0,4 0,4
Deutschland-Ticket −0,3 0,0
Kürzungen beim Elterngeld für Spitzenverdienende 0,3 0,1
Startchancenprogramm für Schulen −0,5 −0,3
Digitalpakt Schule 0,2 0,5
BAföG-Reform −0,2 0,0
Mehrausgaben für Verteidigung −7,2 −4,0
Unterstützungsleistungen Ukraine 3,5 0,0
Ausgaben der Sozialversicherungen
Anpassung der Renten Ost 0,0 0,0
Grundrente −0,1 −0,1
Zuschlag Erwerbsminderungsrente −0,1 −0,1
GKV-Finanzstabilierungsgesetz 0,0 0,0
Krankenhausreform 0,0 0,6
Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz −3,0 −0,2
Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz −0,4 0,0
Insgesamt 17,9 7,8
In Relation zum Bruttoinlandsprodukt in Prozent 0,4 0,2

Anmerkung: Ohne makroökonomische Rückwirkungen. Sonstige steuerliche Maßnahmen beinhalten das Jahressteuergesetz 2020, das Zweite Familienentlastungsgesetz, das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts, das Behinderten-Pauschbetragsgesetz, das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz sowie das Kreditzweitmarktförderungsgesetz.

Quellen: Bundesregierung (Haushaltsplan, Gesetzesentwürfe, Monatsberichte des Bundesfinanzministeriums, Finanzberichte der Jahre 2021 bis 2024, Datensammlung zur Steuerpolitik); DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Einnahmenseitig werden die Gebietskörperschaften auch im laufenden Jahr noch Mehreinnahmen generieren, weil pandemie- und energiepreisbedingte Maßnahmen ausgelaufen sind. Hierunter fällt insbesondere die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie – zumindest in dem Maße, in dem sie durch steuerpflichtige Lohnbestandteile ersetzt wird. Auch die nur vorübergehenden Umsatzsteuersenkungen auf Gas und in der Gastronomie zählen dazu. Zudem tragen die Erhöhung der CO2-Abgabe im Brennstoffemissionshandel von 45 auf 50 Euro pro ausgestoßene Tonne zu deutlich höheren Einnahmen bei. Ebenfalls bemerkbar machen sich die im Vorjahr umgesetzte Erhöhung der Luftverkehrsabgabe und die Anhebung und Ausweitung der Lkw-Maut und der Tabaksteuer. Die nächste Erhöhung der CO2-Abgabe zum Jahreswechsel 2025/26 wird dann im kommenden Jahr Mehreinnahmen generieren.

Einnahmenmindernd wirken in beiden Jahren des Prognosehorizonts Anpassungen des Einkommensteuertarifs: Neben dem Inflationsausgleichsgesetz fallen hier vor allem die jüngst beschlossene steuerliche Freistellung des Existenzminimums, die Anhebung der steuerlichen Kinderfreibeträge sowie der Tarifeckwerte zum Ausgleich der kalten Progression ins Gewicht. Expansive Impulse kommen zudem vom Wachstumschancengesetz und dem ersten Zukunftsfinanzierungsgesetz. Die weitere steuerliche Begünstigung von Unternehmensinvestitionen wurde durch das Scheitern der Ampelkoalition nicht mehr auf den Weg gebracht. Ursprünglich war eine Verlängerung der degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA) für Ausrüstungen im Rahmen des Steuerfortentwicklungsgesetzes angedacht.

Auch auf Seiten der Sozialversicherungen sorgt der Wegfall der Inflationsausgleichsprämie für deutliche Mehreinnahmen im laufenden Jahr. Während dieser Effekt allerdings als temporär anzusehen ist, dürften steigende Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung über den gesamten Prognosehorizont restriktive Impulse aussenden. Insgesamt ist die Finanzpolitik auf der Einnahmenseite in beiden Jahren restriktiv ausgerichtet.

Ausgabenseitige Maßnahmen der Gebietskörperschaften halten sich in den Jahren 2025 und 2026 voraussichtlich in etwa die Waage. Von den ausgelaufenen Strom- und Gaspreisbremsen gehen im laufenden Jahr noch letzte ausgabenmindernde Impulse aus, wie auch von verringerten Mittelabflüssen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Unter Berufung auf die letzten Haushaltspläne der Ampel-Regierung dürften sich auch die Unterstützungsleistungen an die Ukraine im laufenden Jahr rückläufig entwickeln und ebenso wie Kürzungen beim Elterngeld für Spitzenverdienende restriktive Impulse aussenden. Auf der anderen Seite stehen diesen Einsparungen in beiden Jahren des Prognosezeitraums weitere bedeutsame Mittelabflüsse aus dem Sondervermögen Bundeswehr gegenüber, sowie Ausgaben im Rahmen des Startchancenprogramms für Schulen.

Auf der Ausgabenseite der Sozialversicherungen dürften im laufenden Jahr insbesondere vom Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz und dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz expansive Impulse ausgehen. Im kommenden Jahr werden die finanzpolitischen Maßnahmen hier wohl neutral ausgerichtet sein.

Alles in allem beläuft sich die Budgetwirkung der finanzpolitischen Maßnahmen im laufenden Jahr auf 17,9 Milliarden Euro (0,4 Prozent in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt) und im Jahr 2026 auf 7,8 Milliarden Euro (0,2 Prozent).

Die finanzpolitischen Maßnahmen werden im laufenden und in den beiden kommenden Jahren in Summe restriktiv sein, wie die finanzpolitischen Annahmen im Detail zeigen. Konkret belaufen sie sich auf Überschüsse des Staates in den Jahren 2025 und 2026 von rund 0,4 und 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem jeweiligen Vorjahr.

Um die Impulse auf den privaten Konsum und die Investitionen sowie das Bruttoinlandsprodukt insgesamt unter Berücksichtigung ihrer Verteilungswirkungen abzuschätzen, kommt ein DSGE-Modell mit zwei verschiedenen Haushaltstypen zum Einsatz (TANK-Modell). Dazu wird zunächst unterschieden, in welchem Umfang die Maßnahmen die einkommensschwächsten 40 Prozent der Haushalte betreffen und wie die übrigen Haushalte profitieren oder belastet werden. Die einkommensschwächsten 40 Prozent beziehen ungefähr 20 Prozent des verfügbaren Einkommens und haben eine Sparquote von Null, weshalb sie als liquiditätsbeschränkte (LC) Haushalte bezeichnet werden. Zusätzlich zu den privaten Haushalten gibt es noch Maßnahmen, die auf Unternehmen oder den Staat wirken. Im Modell berücksichtigt werden sechs Klassifizierungen der finanzpolitischen Maßnahmen. Die untersuchten Maßnahmen entsprechen den über die Zeit kumulierten finanzpolitischen Annahmen der Prognose und berücksichtigen keine der in den laufenden Koalitionsgesprächen herausgearbeiteten Maßnahmen.

Insgesamt belastet die restriktive Finanzpolitik die privaten Haushalte insbesondere durch Maßnahmen, die proportional zum Einkommen wirken (Tabelle). Dabei sind es vor allem Anhebungen der Sozialbeiträge und das Auslaufen der Inflationsausgleichsmaßnahmen (Beitragsfreiheit), die die privaten Einkommen belasten. Auch Unternehmen dürften durch den Wegfall der im Zuge der Energiekrise ergriffenen Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten nun mehr Abgaben an den Staat zahlen. Auffällig ist, dass die Belastung unterschiedlich auf Haushalte mit niedrigen und Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen (ricardianische Haushalte) verteilt ist. Dabei profitieren einkommensstärkere Haushalte beispielsweise weiterhin von den dauerhaften Einkommensteuertarifanpassungen im Rahmen des Ausgleichs der kalten Progression.

Tabelle: Direkte Effekte der finanzpolitischen Maßnahmen

In Prozent des langfristigen Gleichgewichts-Bruttoinlandsprodukts (Steady-State)

Betroffene Akteure Beispiele 2025 2026
Private Haushalte
nur liquiditätsbeschränkt Grundrente und Bafög (+), Kürzungen Bürgergeld (–) 0,0 0,0
pro Kopf Anhebung Grund- und Kinderfreibetrag (+), Wegfall Abgabenfreiheit Inflationsausgleichsprämie (–) –0,1 –0,1
proportional zu Einkommen Erhöhung der Sozialabgaben (–), Jahressteuergesetz 2024 (+) –0,3 –0,4
nur einkommensstark Inflationsausgleichsgesetz (+), Jahressteuergesetz 2022 (–), Kürzung Elterngeld für Spitzenverdienende (–) 0,0 0,2
Private Unternehmen Wegfall Begünstigungen bei Energiepreisen (–), Anhebung Maut (–), Zukunftsfinanzierungesetz (+), Wachstumschancengesetz (+) –0,2 –0,4
Staat Erlöse Brennstoffemissionshandel (–), Mehrausgaben für Verteidigung (+) 0,0 0,0

Quelle: DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Insgesamt wird die restriktive Ausrichtung der Finanzpolitik das Bruttoinlandsprodukt im laufenden und kommenden Jahr um gute 0,15 Prozent dämpfen (Abbildung). Dabei bremsen die Konsolidierungsmaßnahmen die privaten Investitionen im laufenden und kommenden Jahr deutlich. Der private Konsum wird vor allem im kommenden Jahr gedämpft.

Alles in allem dürfte das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in Deutschland in diesem Jahr in etwa stagnieren. Im kommenden Jahr dürfte es deutlich um 1,1 Prozent zulegen. Dies liegt allerdings zumindest teilweise an einer höheren Zahl an Arbeitstagen als in diesem Jahr und an einem statistischen Überhang.infoUm Kalendereffekte bereinigt dürfte der Zuwachs der Wirtschaftsleistung nur bei 0,9 Prozent liegen. Der statistische Überhang wird für das Jahr 2026 wohl 0,4 Prozentpunkte betragen. Das DIW Berlin revidiert seine Wachstumsprognose somit erneut nach unten, um 0,2 beziehungsweise 0,1 Prozentpunkte. Verantwortlich für die wiederholte Senkung der Prognose ist vor allem, dass sich die strukturellen und konjunkturellen Herausforderungen stärker als erwartet auf dem Arbeitsmarkt niederschlagen. Dies wiederum belastet den privaten Verbrauch deutlicher als noch im Winter unterstellt. Angesichts der hohen Unsicherheit geben die privaten Haushalte ihre real steigenden verfügbaren Einkommen in geringerem Umfang aus als erwartet.

Eine gesonderte Studie des DIW Berlin zu den Effekten des angekündigten Sondervermögens Infrastruktur kommt zu dem Ergebnis, dass das Bruttoinlandsprodukt und die Inflation in den kommenden zehn Jahren im Durchschnitt um jährlich gut zwei Prozent beziehungsweise 0,5 Prozentpunkte höher ausfallen würden.infoVgl. Dany-Knedlik, Kriwoluzky und Rieth (2025), a.a.O. Daraus ergäbe sich im kommenden Jahr eine um einen Prozentpunkt höhere Wachstumsrate für das Bruttoinlandsprodukt als im Fall ohne Sondervermögen. Das laufende Jahr wäre nicht betroffen: Es wird davon ausgegangen, dass Investitionsprojekte eine Anlaufzeit benötigen, in der sie zunächst geplant, genehmigt und Aufträge vergeben werden.

Das potenzielle Bruttoinlandsprodukt entwickelt sich durch die anhaltende Investitionsschwäche und das abnehmende Erwerbspersonenpotenzial wohl weiter unterdurchschnittlich. Das Potenzialwachstum wird im Jahr 2029 voraussichtlich 0,3 Prozent betragen (Tabelle 5). Auch das Arbeitsvolumen dürfte aufgrund der demografischen Alterung weiter sinken (Kasten 6). Angesichts der anhaltenden Stagnation der Wirtschaftsleistung im Jahr 2025 dürfte sich die Produktionslücke weiter öffnen und im Jahresdurchschnitt 1,0 Prozent des potenziellen Bruttoinlandsprodukts betragen. Mit der Erholung in den kommenden Jahren wird die Produktionslücke dann im Jahr 2026 auf voraussichtlich 0,4 Prozent schrumpfen. Bis zum Ende der Mittelfrist im Jahr 2029 dürfte sie sich geschlossen haben.

Tabelle 5: Wachstum des realen Produktionspotenzials

Jahresdurchschnittliche Veränderung in Prozent

2020–2024 2024–2029
Produktionspotenzial 0,6 0,3
Wachstumsbeiträge
Arbeitsvolumen 0,7 –0,1
Kapitalvolumen 0,3 0,3
Totale Faktorproduktivität 0,2 0,2

Quellen: Statistisches Bundesamt; Europäische Kommission; DIW-Konjunkturprognose Frühjahr 2025.

Der Potenzialschätzung dieser Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass jährlich netto durchschnittlich 408 000 Personen nach Deutschland kommen. Das entspricht in etwa der durchschnittlichen Nettomigration der Jahre 2016 bis 2019. Trotz der daraus folgenden Stärkung des potenziellen Arbeitsvolumens leistet dieses wegen der gegenläufigen demografischen Entwicklung im Basisszenario dieser Prognose einen negativen Beitrag: Das Potenzialwachstum sinkt bis 2029 auf 0,3 Prozent. Dies bedeutet eine deutliche Verlangsamung im Vergleich zu den 1,2 Prozent der Jahre 2015 bis 2023. Der alterungsbedingte Arbeits- und Fachkräftemangel gefährdet somit zunehmend das Produktionspotenzial der deutschen Wirtschaft und könnte ohne gezielte Maßnahmen Wachstum und Wohlstand erheblich beeinträchtigen. Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren dürften nicht ausreichen, um den alterungsbedingten Rückgang der Erwerbspersonenzahl zu kompensieren. Migration wird daher immer wichtiger für den deutschen Arbeitsmarkt. Bereits seit Beginn des Jahres 2023 wird das Wachstum der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausschließlich von ausländischen StaatsangehörigeninfoEs handelt sich hierbei um Personen mit ausländischem Pass, die vor Kurzem zugewandert sein können oder bereits seit vielen Jahren in Deutschland leben. getragen. Während deren Beschäftigung im November 2024 um 284000 im Vergleich zum Vorjahr stieg, sank die Zahl der deutschen Beschäftigten um 191000 Personen.

Um die Bedeutung von Zuwanderung auf das Produktionspotenzial zu analysieren, werden im Folgenden zwei alternative Szenarien betrachtet, die sich lediglich anhand der unterstellten jährlichen Nettomigration unterscheiden.infoVgl. Angelina Hackmann, Konstantin A. Kholodilin und Teresa Schildmann (2025): Mehr Migration könnte Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft deutlich erhöhen. DIW aktuell Nr. 101 (online verfügbar). Das erste Szenario betrachtet eine Situation ohne Nettozuwanderung. Dies entspräche der Realität der Jahre 2005 bis 2009. Ohne Zuwanderung würde die Erwerbspersonenzahl bis 2029 auf unter 62 Millionen sinken (Abbildung). Der Arbeitsmarkt könnte nur minimal durch eine höhere Erwerbsbeteiligung der Einheimischen stabilisiert werden, wodurch das Potenzialwachstum rasch auf Null fallen würde.

Das zweite Szenario untersucht die erforderliche Migration, um das langfristige Potenzialwachstum von 1,1 Prozent (der Jahre 2004 bis 2023) wieder zu erreichen, bei unveränderten Annahmen über die weiteren Modellinputs. Hierfür müsste die Erwerbspersonenzahl bis 2029 um 1,85 Millionen steigen. Da etwa 75 Prozent der Migrant*innen im erwerbsfähigen Alter sind, würde dies eine zusätzliche Gesamtzuwanderung von rund 2,5 Millionen Personen bis 2029 erfordern. Dies würde nicht nur das Arbeitsvolumen stabilisieren, sondern auch langfristige Wachstumschancen verbessern.

Die Verbraucherpreisinflation wird im Prognoseverlauf wohl weiter zurückgehen. Nach 2,2 Prozent im vergangenen Jahr begünstigen sinkende Energiepreise eine geringere Inflation. Der anhaltende Trend steigender Nahrungsmittelpreise wirkt hingegen in die entgegengesetzte Richtung. Hier bleiben vor allem die Teuerungsraten bei Butter sowie Fruchtsäften besonders erhöht. Insgesamt hebt das DIW Berlin seine Inflationsprognose für das laufende Jahr leicht um 0,1 Prozentpunkte auf eine Jahresdurchschnittsrate von 2,1 Prozent an. Im kommenden Jahr dürfte sie dann zum Stabilitätsziel der EZB von zwei Prozent zurückkehren. Die Kerninflation wird zunächst wohl leicht erhöht bleiben. Insbesondere die Dienstleistungspreise steigen weiterhin kräftig. Unter anderem Versicherungsdienstleistungen wie Kfz-Versicherungen haben zuletzt zum Preisdruck beigetragen. Im weiteren Prognoseverlauf dürfte sich auch die Kerninflationsrate allmählich der Zwei-Prozent-Marke nähern und diese zum Ende des laufenden Jahres erreichen.

Diese Prognose unterliegt erheblichen Risiken: Wie auch für die Weltwirtschaft gehen deutliche abwärts gerichtete Risiken für die deutsche Wirtschaft von der US-Handelspolitik aus. Hier könnte es zu höheren Handelshemmnissen für europäische beziehungsweise deutsche Güter kommen als erwartet, was vor allem die Ausfuhren des Verarbeitenden Gewerbes belasten könnte. Zudem gehen Risiken von einer Verschärfung der geopolitischen Konflikte aus. Ein aufwärtsgerichtetes Risiko sind die von CDU/CSU und SPD unterbreiteten öffentlichen Investitionsvorhaben in den Bereichen Infrastruktur und Verteidigung. Diese könnten die deutsche Wirtschaft, insbesondere die deutsche Industrie, in den kommenden Jahren aus der Rezession holen.infoVgl. Dany-Knedlik, Kriwoluzky und Rieth (2025), a.a.O. Allerdings besteht die Gefahr, dass ein Gutteil der öffentlichen Gelder in Preiserhöhungen mündet, da die derzeit vorhandenen Kapazitäten insbesondere im Tiefbau und in der Rüstungsindustrie schnell an ihre Grenzen kommen dürften. Müsste die EZB auf die höheren Preise mit Zinsanhebungen reagieren, würde dies auch die Schuldentragfähigkeit in Frage stellen.

Angelina Hackmann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Makroökonomie

Nina Maria Brehl

Doktorandin in der Abteilung Makroökonomie

Ruben Staffa

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie

Teresa Schildmann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Makroökonomie

Jan-Christopher Scherer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie

Frederik Kurcz

Doktorand in der Abteilung Makroökonomie

Pia Hüttl

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Makroökonomie

Hannah Magdalena Seidl

Doktorandin in der Abteilung Makroökonomie

Laura Pagenhardt

Doktorandin in der Abteilung Makroökonomie

Geraldine Dany-Knedlik

Leitung Prognose und Konjunkturpolitik in der Abteilung Makroökonomie

Konstantin A. Kholodilin

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie

Hella Engerer

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt



JEL-Classification: E32;E66;F01
Keywords: Business cycle forecast, economic outlook
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-11-2

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